Abgesehen von der Hefeart (unter-/obergärig), die schon für sich grundlegend unterschiedliche Ausrichtungen des späteren Biers vorzeichnet, gibt es weitere Entscheidungen, vor die Du als Hobbybrauer gestellt wirst.
Vergärgrad
Diese Fähigkeit der Hefesorte, vom angebotenen Extraktgehalt möglichst viel in Alkohol und Kohlendioxid umzuwandeln, ist entscheidend für die spätere Vollmundigkeit des Bieres. Ein hoher Restextrakt (also niedriger Vergärgrad) führt zu einem volleren, eher süßen Bier. Ein niedriger Restextrakt beschert ein schlankes bzw. trockenes Bier, in dem auch die Hopfenbittere stärker hervortritt
Diesem Wert darf meiner Meinung nach getrost mit einiger Skepsis begegnet werden. Den Vergärgrad habe ich in meiner Praxis stets über die Malzschüttung und Maischarbeit wesentlich präziser gesteuert als durch die gewählte Heferasse. Eine vitale Hefe in ausreichender Menge wird, denke ich, auch bei nominalen 75 Prozent immer einen besseren Vergärgrad erzielen als eine mit 85 Prozent angegebene, von der zu wenig in zu schlecht belüftete Würze mit zu ungünstiger Zusammensetzung gegeben wird.
Sedimentation
Auch als flocculation oder Flockungseigenschaften bezeichnet, beschreibt diese Angabe, wie schnell und gründlich die Hefezellen nach der Gärung nach unten sinken und am Boden des Gärbehälters oder der Flasche einen kompakten Satz bilden.
Einige Sorten (auch als Bruchhefen bezeichnet) flocken recht schnell aus, sodaß Du binnen weniger Tage ein fast klares Bier trinken kannst. Sogenannte Staubhefen bleiben hingegen länger in der Schwebe. Dem Vorteil einer schnelleren Klärung bei Bruchhefen steht bei den Staubhefen die gleichmäßigere und gründlichere Vergärung gegenüber.
Geschmacksprofil
Unter diesem Begriff lassen sich typische Eigenschaften wie das Ausbilden fruchtiger Ester, buttriger Diacetylnoten oder schwefliger Verbindungen zusammenfassen. Sie variieren von Sorte zu Sorte; allgemein kann man wohl sagen, daß fruchtige Noten besonders bei obergärigen, Diacetyl- und Schwefelnoten eher bei untergärigen Stämmen anzutreffen sind.
Alkoholtoleranz
Wie bei uns Menschen vertragen auch verschiedene Hefetypen unterschiedlich viel Stoff, ehe sie den Dienst quittieren. Vor allem, wenn Du bedenkst, daß gerade während der Nachgärung noch Streßfaktoren wie saures Milieu und Druck hinzukommen. Typische Bierhefen vertragen, sofern in gutem Zustand, problemlos sieben bis acht Volumenprozent Alkohol, für stärker Biere solltest Du einen hierauf spezialisierten Stamm auswählen.
Besonders starke Biere kannst Du durch den Einsatz sogenannter Turbohefen, wie sie in der Wein- und Schnapsherstellung verbreitet sind, herstellen. Diese Sorten erzeugen keinen besonders feinen Geschmack, eignen sich also nicht zur direkten Zugabe. Sie können aber nach Ende der Hauptgärung zum Vergären von Extrakt, den die eigentliche Bierhefe nicht geschafft hat, zugesetzt werden. Üblich ist ein solches Vorgehen eher nicht, aber ich kenne andererseits wenige Hobbybrauer, die nicht schon mal davon geträumt haben, das stärkste Bier aller Zeiten zu brauen...