Wenn Du die für Deine Zwecke ideale Hefe mal gefunden hast und es sich dabei um eine frische Brauereihefe oder einen ganz speziellen (und teuren!) Reinzuchtstamm handelt, möchtest Du sie vielleicht dauerhaft daheim einlagern. Die Möglichkeit zur dauerhaften Konservierung von Hefe haben nicht nur professionelle Labors, auch als Hobbybrauer kannst Du Dir mit ein paar Tricks eigene Dauervorräte anlegen, die Dich ein wenig unabhängiger machen.
"Kochsalz-Methode"
Hefezellen lassen sich für nahezu unbegrenzte Zeit aufbewahren, wenn man ihnen hierfür eine Umgebung anbietet, in der sie weder durch das Medium an sich noch durch Stoffwechseltätigkeit zu irgendeiner biochemischen Aktivität angeregt werden. Diese Anforderungen erfüllen verschiedene Aufbewahrungsflüssigkeiten. Die für Hobbybrauer am einfachsten zu beziehende ist isotone Natriumchloridlösung, bestehend aus reinstem Kochsalz, das in 0,9prozentiger Konzentration in sterilem, destilliertem Wasser gelöst wird. Zur Haltbarkeit hierin konservierter Hefezellen gibt es verschiedene Auffassungen, meine persönliche Erfahrung ist: Einige Jahre sind kein Problem.
Diese Lösung wird vielfach in der Medizin angewandt, da sie vereinfacht beschrieben in wichtigen Punkten Ähnlichkeit mit dem menschlichen Blutplasma hat. Uns interessiert daran vor allem die Tatsache, daß diese Eigenschaften auch zum Hefekonservieren sehr gelegen kommen und, noch wichtiger, daß man isotone Kochsalzlösung in jeder Apotheke in praktischen Glasampullen mit Gummistopfen bekommen kann.
In diesen Kochsalzampullen kannst Du die relativ teuren flüssigen Reinzuchthefen verdünnt aufbewahren und jederzeit nach Bedarf entnehmen, um daraus eine Starterlösung für Deinen nächsten Brautag herzustellen.
Einlagern der Hefe
Hierfür benötigst Du neben einer frischen Packung mit Flüssighefe Deiner Wahl folgende Austattung:
- 100ml-Ampulle mit isotoner NaCL-Lösung
- 20ml-Einwegspritze mit Kanüle (beides steril)
- Desinfektionsmittel für die Hände (z.B. Sterilium)
- ggf. Desinfektionsmittel für Oberflächen (z.B. Bacillol)
- Zellstoff, Tupfer etc.
Um die Flüssighefe einzulagern, gehst Du wie folgt vor:
- Deine Hände sowie die Hefeampulle bzw. den Folienbeutel und die Kochsalzampulle gründlich desinfizieren.
- Kanüle aufsetzen, durch den Gummistopfen der Kochsalzampulle stechen, eine Spritzenfüllung (ca. 20ml) entnehmen und diese entsorgen. Spritze so beiseite legen, daß diese nicht kontaminiert wird.
- Den Hefebehälter öffnen. Bei Wyeast-Hefen den inneren(!) Beutel herausnehmen und entsorgen. (Er enthält die transparente Nährlösung, die Hefe ist außen. Das war vor langer Zeit anders, daher kursieren teils noch anderslautende Anleitungen.)
- Die milchige Hefesuspension restlos in die Einwegspritze ziehen.
- Mit der Kanüle wieder durch den Gummistopfen stechen und die Hefesuspension in die Ampulle spritzen.
Mit diesem geringen Aufwand hast Du nun einen Hefevorrat angelegt, mit dem Du etwa fünf bis zehn Sude anstellen kannst. Im Kühlschrank hält sich dieser Dauervorrat problemlos über mehrere Jahre.
Reaktivieren der Dauerkonserve
Das Wiedererwecken der Hefezellen aus ihrem Tiefschlaf erfordert etwas Geduld und Sorgfalt, ist aber mit etwas Übung kein Problem. Wichtig ist, nicht unruhig zu werden und sehr sauber und sorgfältig zu arbeiten. Zum Reaktivieren benötigst Du:
- Einen sauberen, ausreichend großen (Schaumbildung!), fliegensicheren, belüftbaren Behälter, zum Beispiel einen sauberen Glasballon mit einem zweilöchrigen Stopfen, durch den einerseits ein Schlauch gefilterte Luft hineinpumpen und andererseits Überdruck durch ein Gärröhrchen entweichen kann.
- Nährlösung wie etwa Malzbier, abgekochtes Malzextrakt oder etwas keimfreie Würze vom letzten Brautag
- Sterile Einwegspritze mit Kanüle
- Ein paar Tage Vorlaufzeit und Geduld
Um die Hefe erfolgreich zu reaktivieren, beachte bitte sorgfältig die folgenden Tips. Gerade in den ersten 24 Stunden sind keimfreies Arbeiten und Sorgfalt sehr wichtig!
- Desinfiziere Deine Hände, das Gefäß und die Ampulle mit dem Hefevorrat gründlich.
- Schüttle die Ampulle gut durch, bis die abgesetzte Hefe sich gleichmäßig in der Schwebe befindet.
- Entnimm mit Spritze und Kanüle 10 20 ml Hefesuspension aus der Ampulle und gib sie in das Startergefäß.
- Gib nun die gleiche Menge Nährlösung dazu und mische beides. Der Temperaturunterschied zwischen Hefesuspension, Behälter und Nährlösung sollte so gering wie möglich sein!
- Sorge von jetzt ab möglichst konstant für eine gute Belüftung und verdopple alle sechs bis zwölf Stunden den Inhalt des Gefäßes durch Zugabe weiterer Nährlösung, bis Du die gewünschte Starter-/Hefemenge erzielt hast. Danach "fütterst" Du die Hefe bis zum Anstellen immer noch ein bißchen weiter.
- Je nachdem, wie alt die Hefekonserve ist, kann es schon mal zwei Tage dauern, ehe sich merkbar etwas tut. Nach etwa drei Tagen sollte der Starter auf jeden Fall deutlich nach Hefe, Kohlendioxid und etwas fruchtig duften. Auch sollte sich am Gefäßboden nach und nach ein heller Hefebodensatz bilden.
Kosten
Zu den Kosten für eine Reinzuchthefe kommen hier noch einige Euro für die Kochsalzlösung sowie ein paar "Groschen" für Spritzen und Kanülen (die Du am besten je einmal im Großpack kaufst). Ein gutes Handdesinfektionsmittel kann im Haushalt ohnehin nie schaden und wird deshalb hier nicht mitgerechnet. Unterm Strich bleibst Du mit dem Aufwand für so eine Dauerkonserve dennoch deutlich unter den Kosten, die fünf bis zehn Packungen Flüssighefe verursachen würden.
Vorteile
- Fast alle Vorteile der Flüssighefe,
- auf Dauer preiswerter als jene, dafür aber...
Nachteil
- ...deutlich zeitaufwendigere Vorbereitung.
Bemerkungen
Da besonders die Reaktivierung von "Kochsalzhefe" vergleichsweise umständlich ist, belastest Du Dich damit vielleicht besser erst, wenn Du mit der restlichen Brauerei schon ein wenig Erfahrung gesammelt hast. Ansonsten ist diese Methode ideal, wenn Du nicht an frische Brauereihefe kommst oder wenn Du auf Sortenreinheit und/oder auf besonders exotische Eigenschaften Wert legst.
Hefe einfrieren
Eine weitere Möglichkeit, Hefe zu konservieren, besteht in einer extremen zu Verlangsamung des Stoffwechsels, was sich bei Hefepilzen hervorragend über die Temperatur erreichen läßt. In der Praxis bedeutet das, die nach der Gärung übrig gebliebene dickbreiige Hefe tiefzukühlen.
Ein paar Punkte gibt es auch bei diesem Verfahren zu beachten, insbesondere die Gefahr für die Zellwände, die von sich im Restwasser bildenden spitzen Eiskristallen ausgeht. Um deren Entstehung zu hemmen, muß der Gefrierpunkt des Hefebreis so tief herabgesetzt werden, daß die Masse selbst im Viersternefach noch nicht gefriert. Dies erreichst Du durch den Zusatz von Glycerol, das in Verbindung mit Wasser einen ausreichend niedrigen Gefrierpunkt hat und sich beim späteren Reaktivieren nicht störend auf die Gärung auswirkt.
Außerdem solltest Du vor dem Einfrieren tote und weniger vitale Zellen sowie Verunreingungen entfernen. Zu diesem Zweck wird die Hefe gewaschen.
Einlagern der Hefe
Abgesehen von der Hefe benötigst Du folgende Austattung:
- Je Liter einzufrierender Hefe einen halben Liter medizinisch reines Glycerol ("Glyzerin") in 99,5prozentiger Konzentration. Du bekommst es in der Apotheke.
- Eine ausreichende Menge Einweg-Eiskugelbeutel (ein Beutel faßt jeweils gut 300ml); sie beschleunigen wegen der großen Oberfläche die Auskühlung und erleichtern später das Portionieren,
- je Eiskugelbeutel einen ausreichend großen Gefrierbeutel als zusätzlichen Schutz ("zweite Haut") gegen Verunreinigungen,
- wenn möglich einen ausreichend großen Erlenmeyerkolben
- je Liter Hefe eineinhalb Liter abgekochten und am besten destillierten Wassers, so kalt wie möglich,
- optional (von einigen Quellen gegen eventuelle Schadmikroben sowie zum Abscheiden nicht vitaler Zellen empfohlen) Phosphorsäure, zum Beispiel aus der Apotheke. Zugabe zum Waschwasser ca. fünf Prozent.
Um die Hefe einzulagern, gehst Du wie es sich bei der Arbeit mit Mikroorganismen gehört: Mit sauberen oder besser noch desinfizierten Händen wie folgt vor:
- Den möglichst dickflüssigen Hefebrei (ggf. vorher absetzen lassen) im Erlenmeyerkolben im Verhältnis 3:1 mit einem Teil des Wassers vermischen und gründlich durchschwenken. Anschließend 20 30 Minuten absetzen lassen (dabei abdecken). Dann das Wasser abgießen und diesen Vorgang zweimal wiederholen. Je weniger Wasser in der Masse bleibt und je dickflüssiger der Hefebrei, desto besser.
- Währenddessen das Glycerol im Verhältnis 1:1 mit einem Teil des Eiswassers gut vermischen und kaltstellen.
- Den gereinigten Hefebrei in die Glycerollösung gießen. Dabei den unten im Behälter abgesetzten Rest nicht verwenden, er enthält vor allem unerwünschte Trubstoffe und tote Zellen.
- Die Masse gut vermischen, die Eiskugelbeutel füllen und verschließen, in die schützenden Gefrierbeutel stecken und ab damit ins Tiefkühlfach.
Reaktivieren der Hefe
Handelt es sich bei der Kochsalz-Methode um vergleichsweise homöopathische Mengen (wir sprechen von dort einigen Milliarden) an Hefezellen, so hast Du in einem solchen Eiskugelbeutel die um einen Faktor mit etlichen Nullen erhöhte Zellzahl. Dementsprechend einfacher wird es, hieraus schnell wieder einen aktiven Starter herzustellen.
- Laß' die gerade aus dem Tief(kühl)schlaf erweckten Zellen zunächst langsam, wenn möglich: über Nacht in einem sauberen, verschlossenen Glas im Kühlschrank erwachen und sich an höhere Temperaturen gewöhnen.
- Gib ihnen erst dann ihr Frühstück in Form einer nicht zu starken Nährlösung (z.B. verdünntes Malzbier). Du mußt dabei nicht wie bei der Kochsalzmethode mit kleinsten Mengen Nährlösung beginnen; zum Inhalt von acht Eiskugeln kannst Du gleich 200 400ml Nährlösung geben.
- Im Anschluß kannst Du die Hefe ggf. durch kontinuierliches Belüften und Füttern bis zum Anstellzeitpunkt weiter vermehren.
Tip: Falls Du eine untergärige Hefe reaktivierst, kannst Du sie ununterbrochen im Kühlschrank belassen. Gerade nach einer Ochsenkur wie der Tiefkühllagerung haben die Zellen genug Streß hinter sich; jeder Temperaturschwankung wäre eine zusätzliche Belastung. Obergärige Hefe gewöhne bitte langsam an die höhere Gärtemperatur.
Kosten
Ob sich dieses Verfahren lohnt, hängt vor allem davon ab, wie einfach Du auf normalem Weg an schnell einsetzbare und aktive Hefe kommst. Medizinisch reines Glycerol ist kein Pfennigartikel, die restlichen Verbrauchsstoffe bekommst Du hingegen recht billig.
Vorteile
- Bewährte Hefen bleiben auf Dauer verfügbar,
- im Vergleich zu anderen Flüssigkonserven relativ unkompliziertes Reaktivieren,
- für spontanes Brauen vergleichsweise gut geeignet (nur etwa ein bis zwei Tage Vorlauf).
Nachteile
- Das Einlagern ist vergleichsweise aufwendig.
- Hohes Fehlschlagrisiko, vor allem nach längerer Lagerung.
Bemerkungen
Mit halbwegs vertretbarem Aufwand kannst Du Dir auf diese Weise einen jederzeit kurzfristig verfügbaren Vorrat an gärfreudiger Hefe schaffen. Tiefgekühlte Hefe läßt sich problemlos lange Zeit aufbewahren. Persönlich habe ich schon zwei Jahre alte Vorräte erfolgreich reaktiviert, allerdings kann es auch schon mal nicht klappen und die Gärung kommt zu spät, zu schleppend oder gar nicht in Gang. Für solche Fälle solltest Du immer eine schnell aktivierbare Notfalltrockenhefe in Reserve haben.
Eigene Hefekulturen auf Agar
Die beiden vorstehenden Methoden bieten Dir relativ einfache Wege, Dich ein wenig unabhängiger von aktuellen Liefersituationen und Preislisten zu machen. Darüberhinaus gibt es weitere Methoden, mit denen Du nicht nur gekaufte Hefen weiterführen, sondern sogar eigene Reinzuchten beginnen kannst.
Eine unter fortgeschrittenen und laborfreudigen Brauern beliebte Methode ist das Anlegen eigener Kulturen auf einem Nährboden aus mit Agar verdickter Nährlösung. Ich führe sie hier nicht weiter aus, da Hubert Hanghofer hierzu schon vor Jahren eine exzellente Anleitung veröffentlicht hat, die meines Erachtens für alle, die sich diese eher anspruchsvolle Art der Hefezucht zutrauen, keine Fragen offen läßt.