Typische Daten
Farbe | 4 - 8 EBC (goldgelb) |
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Stammwürze | 12 - 14 % |
Alkoholgehalt | 5,5 - 6 %Vol |
Bittere | 25 - 30 IBU (spürbar bis kräftig herb) |
Rezens | 4,5 - 4,9 g/l (mäßig rezent) |
Malzsorte |
Pilsner Malz,
ggf. Karamellmalz |
Hopfen |
Aromahopfen,
Bitterhopfen |
Gärung | untergärig (3 - 10 °C) |
Trinktemperatur | 7 - 9 °C |
Rezeptbeispiel | |
Zunächst eher eine Modeerscheinung, auf einmal Musterbeispiel der industriellen Revolution und schließlich, quasi ohne eigenes Verschulden, links liegen gelassen und in Vergessenheit geraten. Wohl kaum ein anderes Getränk steht so sinnbildlich für eine ganze historische Epoche wie das Dortmunder Export, das einem ganzen Wirtschaftszweig identitätstiftend zur Seite stand und sogar dessen Untergang beinahe gespenstisch vorwegnahm.
Historisches
Kaum war das legendäre Pilsner erfunden, eroberten allerorten neuartig helle, hopfenbetonte und untergärig hergestellte Biere deutsche Herzen und Gläser. Obwohl sich diese neue Brauweise nicht in vielen Landstrichen völlig gleichartig übernehmen und praktizieren ließ, waren Dank Kühlmaschine sowie verbesserten industriellen Mälzmethoden bald die nötige Kälte ebenso wie helles Malz auch in den aufstrebenden Industriestädten an Rhein und Ruhr verfügbar. Da weiches, salzarmes Wasser wie das aus Pilsen hier selten und an eine Aufbereitung im großen Stil noch nicht zu denken war, paßte man die Rezeptur kurzerhand an, nahm etwas weniger Hopfen und dafür ein bißchen mehr Malz und schuf kurzerhand einen ganz eigenen Biertyp.
So, wie die Region ringsum Dank Kohle und Stahl zunehmend prosperierte, wurde bald auch das Brauwesen, vor allem am Standort Dortmund, großindustriell organisiert. Schnell entstanden selbst aus heutiger Sicht gigantische Brauanlagen, in denen das Löschmittel für den Durst der starken Männer des Reviers produziert wurde. Die wiederum waren stolz auf ihr tägliches Bier, das ihnen zur Ehre meist auch mit Insignien wie Hammer oder Zahnrad geziert und auf Plakaten oft genug von Kumpels mit Unterhemd und schwarzen Händen beworben wurde. Erst als Kuren und Urlaube, etwa im nahen Sauerland, populär und erschwinglich wurden, fanden die Arbeiter immer häufiger an den dort üblichen, leichteren Pilsbieren Gefallen und verschmähten ihr starkes, "ehrliches" Exportbier. Die Pilswelle begann und damit das große Sterben der Exportbrauereien im Ruhrgebiet - dem wenig später auch das Ende der klassischen Montangiganten folgen sollte...
Immerhin: Nachdem es lange Zeit sehr ruhig um das einstige Bier von Weltruf war, wurde in Bochum vor einigen Jahren eine alte Traditionsmarke wiederbelebt. Am "ehrlichen" Bochumer Schlegel-Bier hatten ein paar Marketingexperten nicht vorrangig wegen des Geschmacks, sondern vor allem wegen des ihrer Meinung nach perfekt in die imagegierige Welt hipper Clubs und trendiger Bars passenden Arbeiterklasse-Charmes der Marke Gefallen gefunden. So erwarben sie die Markenrechte, fanden eine Lohnbrauerei die, "weitgehend nach überliefertem Rezept" und obendrein mit dem Segen des einstigen Brauherren, wieder ein für die Region typisches Exportbier herstellte.
Besondere Kennzeichen
Wie jedes Exportbier ist auch das Dortmunder deutlich stärker gebraut als andere Lagerbiere. Ursprünglich sollten der höhere Alkoholgehalt und eine kräftige Hopfung vor allem dazu dienen, lange Transportwege zu überstehen. Neben dem Einsatz stets hellen Malzes prägt das klassische Dortmunder Export vor allem das charakteristisch harte Wasser. Allerdings handelt es sich hier nicht um die weit verbreitete Karbonathärte (Kalk), sondern vor allem um Kalziumsulfat (Gips).
Die Sulfationen geben dem Bier eine bisweilen leicht schweflige, gar entfernt salzige Grundnote. Zu diesem speziellen Fundament kontrastiert der vollmundig-kräftige, eventuell leicht süße Malzgeschmack, der je nach Rezept auch eine dezent karamellige Note haben darf, auf einzigartige Weise und wird durch eine deutlich spürbare, jedoch nicht übertriebene oder gar nachhängende Hopfenbittere abgerundet. Ein leichtes Hopfenaroma darf vorhanden sein, es sollte aber auf keinen Fall den feinen, klaren Malzduft überdecken. Dortmunder Export sollte sich Zunge und Gaumen stets sanft vorstellen und niemals zu stürmisch prickelnd mit der Tür ins Haus fallen. Zu verwirrt wären die Sinne, als daß sie noch das gehaltvolle Mundgefühl wahrnehmen könnten.
Stilecht genießen
Traditionell befriedigt ein Dortmunder zwei wesentliche Bedürfnisse: Stärkung und Erfrischung. Während Ersteres heute für den Bierfreund zweitrangig sein dürfte, ist letzteres unverändert aktuell. Daher kann Export bei angenehm erfrischenden Temperaturen gut getrunken werden.
Ausschank
Exportbiere haben allgemein einen gemäßigten Kohlensäuregehalt. So stellt das Dortmunder an den Ausschank keine besonderen Ansprüche. Es läßt sich mit allen üblichen Hahnsystemen - eine justierte Anlage vorausgesetzt - gut zapfen. Das übrigens auch, sofern man denn welche bekommt, aus gut gekühlten und ruhig gelagerten Fünfliter-Partydosen, sei es mittels eingebautem Nippel, Aufsteckhahn oder einem der in den letzten Jahren recht populären "Wohnzimmerzapfgeräte". Nur unnötig lange abstehen sollte es nicht, denn schal schmeckt auch ein Dortmunder nicht.
Gläser
Bescheiden, wie so ein Arbeiterbier eben ist, gibt es beim Dortmunder Export keine verbindlichen Glasvorschriften. Einigermaßen typisch ist der Ausschank in drittel- bis halblitergroßen Rundgläsern wie oben abgebildet, ebenso darf es in Krügen vergleichbarer Größe auf den Tresen kommen. Als Flaschenkinder präsentierten sich allerdings auch in den einfachsten Zechenkneipen nur die Unkultivierteren, wenngleich aufgrund des geringeren Nasenanteils das Export durch diese Unsitte noch am wenigsten Genuß einbüßt.