Typische Daten
Farbe | 15 25 EBC (tiefgold bis rot) |
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Stammwürze | 12 13 % |
Alkoholgehalt | 5 6 %Vol |
Bittere | 20 30 IBU (ausgewogen) |
Rezens | 4,5 4,9 g/l (mäßig rezent) |
Malzsorte |
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Hopfen |
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Gärung | untergärig (5 12 °C) |
Trinktemperatur | 8 10 °C |
Rezeptbeispiel | |
Wiener? Kennt man: Als Würstchen. Als Schnitzel. Und vielleicht noch als Kaffeehaus. Als Bier? Ich muß zugeben: Weder wußte ich, ehe ich Hausbrauer wurde, daß es sowas gibt, noch habe ich je irgendwo ein käufliches Exemplar gefunden, das als Wiener Export verkauft wurde und dem im Folgenden rekonstruierten Original entsprochen hätte. Denn ich spreche natürlich nicht von heute allgemein verbreiteten Produkten aus Brauereien mit dem Standort Wien, sondern einem Biertyp, der speziell genug gewesen sein muß, um einer bestimmten, nicht gelben und nicht braunen Malzsorte den Namen zu geben.
Hätte sich nicht die Mai-Ausgabe des englischsprachigen BYO.com-Magazins ausführlich mit diesem Typ beschäftigt und Hotte mir diesen Artikel zukommen lassen, so fiele diese Sortenbeschreibung noch übersichtlicher aus als jetzt.
Historisches
Geboren wurde das Wiener der Recherche nach Mitte des 19. Jahrhunderts. Allerdings nicht in Wien, sondern in London, wo zwei junge Nachkommen rennommierter Brauunternehmer in Wien und München sich nach Alternativen zu den damals ausschließlich dunklen und, wegen fehlender indirekter Malzdarren, stets nach Holz- oder Kohlenrauch schmeckenden Produkten ihrer Sudhäuser umsahen. Angetan von den, dank der dort weiter fortgeschrittenen Industrialisierung, deutlich moderneren Produktionsanlagen für Malz und Bier und vor allem den hellgoldenen bis rötlichen Gebräuen, zögerten sie nicht, heimlich Proben aus den Würzepfannen zu nehmen und diese später daheim hinsichtlich Stammwürzegehalt und Farbe genau zu analysieren. Auch machten sie sich aufmerksam Notizen über moderne Mälzereiverfahren, die das Bier von unangenehmen Rauchrückständen verschonten und eben auch hellere Würzefarben ermöglichten.
Fast zeitgleich kam wenig später das Ergebnis der inspirierenden Reise auf den bayerischen wie habsburgerischen Biermarkt in München als neuartiges Märzenbier, das lange Zeit mit dem Hinweis nach Wiener Art gebraut verkauft wurde und noch heute zur Oktoberfestzeit als Spezialbier ausgeschenkt wird, in Wien nun eben als typisches Wiener Bier.
Besondere Kennzeichen
Wiener Export ist von einer goldenen bis kräftig roten Farbe. Es wird unter Einsatz des im Vergleich zum Pilsner Malz etwas dunkleren Wiener Malzes, oft auch mit Zugabe von hellem Münchner Malz im Dekoktionsverfahren gebraut. So bekommt es eine malzige, jedoch nicht süße Vollmundigkeit. Karamellmalz sollte, wenn überhaupt, sparsam eingesetzt werden, um diesen typischen kernigen Charakter nicht zu dominieren.
Dies gilt auch für die Hopfung: Sowohl die ausgewogene Bittere, als auch die Aromen hochfeiner Sorten wie Tettnanger oder Saazer sollen den malzigen Charakter begleiten, jedoch nicht erschlagen. Das Wiener ist ein kräftiges Bier mit einem etwas höheren Stammwürzegehalt, unter 12,5 Prozent sollte dieser nicht liegen.
Das klassische Wiener Wasser wird in der Literatur als sehr hart beschrieben, auch hatte es eine hohe Restalkalität. Insgesamt kommt dieser etwas dunkle und nicht zu stark gehopfte Typ mit den meisten deutschen Leitungswässern aus. Ein deutlicher Kalziumionenanteil soll förderlich sein. Zu diesem Zweck kann bei Bedarf mit Kalziumchlorid und/oder Braugips nachgeholfen werden.
Anmerkung: Verläßliche und historisch belastbare Informationen zum klassischen Wiener Typ sind leider rar. Daher unterliegt dieser Artikel weiterhin einer laufenden Überarbeitung. Wenn Du weitere Hinweise oder Quellen kennst, freue ich mich über eine Nachricht.