Typische Daten
Farbe | 4 - 80 EBC (hell bis schwarz) |
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Stammwürze | 11 - 20% |
Alkoholgehalt | 4,8 - 8 %Vol |
Bittere | 10 - 30 IBU |
Rezenz | 5,5 - 7 g/l (leicht bis sehr spritzig) |
Malzsorten |
Weizenmalz (hell bis dunkel; in Deutschland mind. 50%),
Gerstenmalz, ggf. Karamel- oder Röstmalz |
Hopfen | Nur leichte Bitterung, kein Aroma und kein Geschmack. |
Gärung | obergärig, gerne warm (ab 16 °C), mit spezieller Weizenbierhefe |
Trinktemperatur | 7 - 14 °C (je nach Typ) |
Bier aus Weizen ist vermutlich das ursprünglichste aller Biere. So hat man bereits im alten Babylon und später in Ägypten Brot, das aus Weizen - bzw. seinen Vorläufern wie Dinkel, Einkorn und Emmer - gebacken wurde, auf recht umständliche Weise in einen leicht berauschenden und, im Vergleich mit heutigen Weizenbieren, eindeutig schalen Trunk verwandelt.
Weizenbier wird im Bayerischen Raum auch gerne als "Weißbier" (oft auch "Weissbier", wobei ich hier nichtweiß, ob man mit dieser auch nach den etlichen Rechtschreibreformennicht korrekten Schreibweise besonders historisch oder garbäuerlich-naiv wirken will, oder ob bayerische Brauer grundsätzlich nicht schreibenkönnen) bezeichnet. Das leitet sich einigen Legenden nach aus dem früher fast immer weißen Anstrich der Weizenbierbrauereienab; viel wahrscheinlicher ist, daßes sich bei "Weiß" einfach um den ethymologischen Vorläufer des Wortes "Weizen" handelt.
Sortenvielfalt
Weizenbier gibt es in unzähligen Variationen und Farben. In ganz Deutschlanderfreuen sich vor allem helle Weizensorten seit Jahren einer wachsendenBeliebtheit, doch auch die dunkleren Sorten und Weizenstarkbiere sindinzwischen immer gefragter.
Bayerische Weizenbiere, um die es in diesem Artikel geht,erkennst Du an einem fruchtigen Duft, oft mit einer Gewürznelkennote.Diese sehr vielfältigen Aromen sind Gärungsnebenprodukte, die beispeziellen Weizenbierhefen besonders zahlreich entstehen.In den nicht filtrierten Varianten rundet zudem ein mehr oder wenigdeutlicher, hoffentlich angenehmer hefiger Geruch das Gesamtbild ab. Weizenbiere sind spritziger als alle anderen Sorten, sollten einen feinporigenund stabilen Schaum haben und enthalten wenig Hopfenbittere und möglichstweder Hopfenduft noch -geschmack. Wie alle obergärigen Biere trinkst Duals Kenner Dein Weizenbier auf keinen Fall zu kalt, damit sich alleAromen gut entfalten können.
Verwandt mit dem bayerischen Weizenbier sind mit wilden Hefen und/odermilchsauer vergorene Sorten, wie belgisches Lambic oder die Berliner Weiße. Auch hat die Zugabe von Gewürzen bei Sorten wie dem Belgischen Witbieroder der Leipziger Gose eine lange Tradition.
Hefeweizenbier (klassisch)
Das typische und historisch älteste Weizenbierhat einen kupfer- bis bernsteinartigen Farbton, waseine Folge der damals noch nicht so ausgefeilten Darrtechnologiein der Mälzerei ist.Es zeichnet sich durch einen vollmundigen, brotigen Körper aus,was besonders durch die feine Hefenote unterstützt wird.Je nach verwendeter Hefe und Gärführung duftet es mehr oderweniger intensiv nach Gewürzen,vor allem Nelken, manchmal auch dezent nach Früchten wie Litschi, Apfel, Pflaumeoder Banane. Zu dem kernigen Körper gesellen sich komplexe Notender beschriebenen Gewürze und Früchte. Eine ordentliche Rezens sollte vorhanden sein, was sich durch einprickelndes Mundgefühl im Antrunk ebenso wie durch ein elegantes Perlenim Glas äußert. Alkoholgehalt: Meist um die fünf Volumenprozent.
Hefeweizenbier (hell)
Das in Deutschland allgemein am meisten verbreitete Weizenbier.Wie sein älterer, bernsteinfarbener Bruder besticht es durch seine Vollmundigkeit. Bei hellen Weizenbieren stehen oft, jedoch nicht immer,die fruchtigen Noten gegenüber den Gewürzaromen im Vordergrund,Zitrusnoten sind hier noch etwas verbreiteter. Eine deutlich spürbareRezens ist hier Pflicht. Auch dieses Bier liegt in der Regel bei fünf Prozent Alkoholgehalt.
Kristallweizenbier
Vor dem regionalen Schutz der Bezeichnung für französische Schaumweinewurde diese Variante auch als "Champagnerweizen" gehandelt,da es - wie Sekt - hell, klar und feinperlig ins Glas kommt.Kristallklar filtriert - und damit schon der technischen Möglichkeit wegenhistorisch gesehen weit jünger als seine hefigen Verwandten -ist diese spezielle Form des hellen Weizenbiers, daher der heutige Name.Mit der Filtration scheiden viele der typischen Geschmacksträger aus dem Bier,sodaß dieses, zudem manchmal eine Spur herber eingebraut,vor allem süffig und weniger vollmundig schmeckt. Auch deshalb darf esein wenig kühler gereicht werden als Hefeweizenbier. Kristallweizen muß unbedingt ordentlichrezent sein. Es hat oft etwas weniger Alkoholgehalt als Hefeweizen,da es besonders gern als erfrischender Sommertrunk bestellt wird.
Hefeweizenbier (dunkel)
Noch deutlich dunkler als das klassische Weizenbier, meist braun und bisweilenschwarz, stehen bei dieser Sorte vor allem malzige und teils röstige Noten im Vordergrund. Auch ein dezenter Karamellgeschmack ist je nach Rezeptdurchaus erwünscht, während die Gewürz- und Fruchtnoten hier deutlich dezenter ausfallen und auch die Rezens ein wenig dezenter sein darf. Der Alkoholgehalt entspricht dem der übrigen Hefeweizenvarianten.
Weizenstarkbier (Weizenbock)
Wie jedes Bockbier ist auch das Weizenstarkbier vor allem: stark. Deutlich vollmundig, fast immer mit einer karamellig-süßen Note,sowie einem durch höhere Alkohole und einen höheren Alkoholgehaltdeutlich bestimmten, komplexen Gesamtbild. In extremen Fällen kannes bis zu zehn Prozent Alkohol enthalten, gängig sind sieben bis acht.
Werbung und sonstiger Humbug
Wohl keine Biersorte wird mit soviel historisierendem undstereotypem Brimborium beworben wie das Weizenbier.So denkt man wohl unweigerlich an weißblaue Rautenmuster,Lederhosen, Biergartenseligkeit und Jodeldiplom, sobald es umweizigen Biergenuß geht. Natürlich nutzen die Hersteller diesschamlos aus, je nötiger ihr Bier einer emotionalen Untermauerung des vielleicht nicht ganz so einzigartigen Geschmackes bedarf.
Flaschenreifung contra Flaschengärung
Im Gegensatz zu praktisch allen anderen deutschen Bieren hat sich beim Weizenbier die Flasche über Jahrzehnte als das Gebinde der Wahl herauskristallisiert.Wenngleich sich dieser Trend seit ein paar Jahren umkehrt und "Weizen vom Faß" zunehmend gern als Erkennunszeichen eines Wirtes mit Bierverstand betrachtet wird, kommt nichtsdestotrotzdie weitaus größte Weizenbiermenge noch immer in braunenGlasflaschen in Ladenregal und Wirtshaus.
Die traditionelle Flaschengärung, bei der das Bier sofort nachder wenige Tage dauernden Hauptgärung in den Flaschen weitergärt,hat jedoch für industrielle Brauereien einen schweren Nachteil: Das Ergebnis ist weder eindeutig prüf- noch steuerbar. Es ist unmöglichfestzustellen, ob jede Flasche hundertprozentig einem vorher festgelegten Referenzmusterentspricht. Auch sind der geschmacklichen Stabilität aufgrund dernatürlichen biologischen Vorgänge einige Grenzen gesetzt.
Um hier kein Risiko einzugehen, vermeiden viele Brauereiendie traditionelle Flaschengärung, wollen ihrem Weizenbier aber dennoch möglichst viele wohlklingende Gütesiegelverleihen. Und so entlieh man sich bei der Weinwirtschaft das dort tatsächlich werthaltige, hier aber vollkommen nichtssagende Wortvon der Flaschenreifung. Jenes besagt bei einem Produkt mit begrenzter Haltbarkeit, wie es Bier nun einmal ist, nichts anderes, als daß das Bier eben nach dem Abfüllen in der Flasche älter wurde.An sich eine Binsenweisheit, aber eine, die sich auf dem schnörkeligen Etikett eben besser macht als etwa das Prädikat sorgfältig im Stahltank nachgegoren.
Doch selbst eine tatsächliche Flaschengärung ist noch kein Beweis für einewirklich traditionelle und handwerkliche Herstellungsweise. Denn keine Vorschriftverlangt, daß das Bier wirklich mit der original obergärigen Hefe aus der Hauptgärungin die Flasche kommt. Und so wird gerne mit einem Kunstgriff gearbeitet:Nach der Hauptgärung wird das Bier komplett filtriert. Dann wird ein wenig neue Bierwürze zugesetzt, damit das Bier in der Flasche weitergären kann -und zu diesem Zweck der Nachgärung wird schließlich untergärige Lagerhefe anstelle einer obergärigen Weizenbierhefe zugesetzt. Das hat zwei Effekte:Erstens können keine nicht planbaren zusätzlichen Geschmacksnoten mehr entstehenund zweitens kann die eigentlich auf die Nachgärung folgende Kaltlagerungmit dieser in einem Arbeitsschritt zusammengefaßt werden. Schlußendlichwird zu allem Überfluß manches Bier noch einmal durch Kurzerhitzung halbtbar gemacht.Zeit ist eben Geld, und Haltbarkeit erhöht die Bevorratungspotentiale.Und wie sich diese ökonomischen Mantren letztlich auf das Endprodukt auswirken, probierst Du am besten mal selbst aus, indemDu eine Schneider Weisse und eines jener Weizenbiere, die in der Nähe des Münchner Flughafens daheim sind und in der Welt zu Hause sein wollen, miteinander vergleichst.
"streng nach dem bayerischen Reinheitsgebot von 1516"
Meine Meinung zum sogenannten Reinheitsgebot gebe ich an anderer Stelledieses Werkes bereits ausgiebig kund. Um mich also nicht unnötig zu wiederholen,spielen wir an dieser Stelle liebermal ein kleines Quiz: Ich zitiere jenen angestaubten Texteinfach kommentarlos und Du darfst herausfinden, warum ein Hefeweißbier streng getreudem bayerischen Reinheitsgebot von 1516 ungefähr so realitisch ist,wie in einem runden Zimmer in die Ecke zu pinkeln. Fertig? Los!
Wir verordnen, setzen und wollen [...] ganz besonders [...], daß forthin [...] zu keinem Bier mehr Stücke als allein Gersten, Hopfen und Wasser verwendet und gebraucht werden sollen.
In diesem Sinne: Prost Mahlzeit.
Stilecht genießen
Auch bei der Bierpflege zeichnet sich Weizenbier durch eine Vielfaltan Riten und Mythen aus - von denen allerdings nur wenigeden Sinnhaltigkeitstest überleben.
Gläser
Gutes Weizenbier hat ein ausgeprägtes und vielschichtiges Aroma. Damit sich diesesschon vor jedem Schluck der Nase mitteilen kann, ist ein Glas mit weiter Öffnung sehr ratsam und mancher zu modern und schlank gehaltene Kelch eher ungeeignet.Auf jeden Fall sollte ein Weizenglas nach oben weiter werden und immer hoch genug sein, damit dieKohlensäure in feinen Perlen weit aufsteigen kann. Dekorative, speziell für Weizenbier gestaltete Krüge mit Henkel, sindebenfalls gut geeignet, wenn sie die genannten Anforderungen ansonsten erfüllen.
Ausschank
Das Zapfen vom Faß verlangt aufgrund der hohen Rezens des Bieres,von der der Gast nach dem Zapfen auch im Glas noch etwas spüren möchte,besondere Sorgfalt bei Einstellung und Bedienung der Anlage. Ohne Bierschlange und/oder Kompensatorhahn geht hier normalerweise gar nichts,denn Schaum sollte wirklich nur ganz zum Schluß kommen.
Das üblichere Einschenken aus der Flasche kommt zwar ohne Hilfsmittel aus,
erfordert aber dennoch Sorgfalt:
- Vorab ist das saubere Glas von innen mit Wasser zu benetzen,damit Staubkörner und Unebehnheiten nicht unnötig Schaum schlagen.
- Ob Du vor allem eine tolle Show abliefern willst oder Dir primäram hygienischen Trinkgenuß Deiner Gäste (oder Deiner selbst) gelegen ist,entscheidest Du in dem Moment, wo Du wie ein Dorfdissenbarmeister dieFlasche gekonnt kopfüber tief in das Glas stülpst und den staubigenFlaschenhals mit dem austretenden Bier auch von außen schön sauber spülst- oder Du das Glas schräg hältst und das Bier vorsichtig, ohne das Glas mitdem Flaschenmund zu berühren, langsam hineinlaufen läßt.
- Weil eine satte Schaumkrone auf dem Weizenbier einfach schöner aussieht,wird ein kleiner Rest in der Flasche geschwenkt und erst dann eingegossen.
- Wer, wie zu jenen Zeiten, da Bier noch nicht filtiert werden konnte, auf dieam Boden abgelagerte Hefe lieber verzichtet und damit durchaus keinen Stilbruchbetreibt, läßt die letzten Schlücke beim Eingießen einfach in das nun senkrechtgehaltene Glas aus etwas mehr Abstand hineinfallen, so bildet sich der Schaumvon alleine.
Bitte ohne Beilagen!
Und wenn es noch so viele Wirte machen und es noch so sommerlich-spritzig scheint:In ein Weizenbier gehört keine Zitrone! Die schönste Schaumkrone verreckt mit solchsüdländischer Fruchteinlage und ein gutes Weizenbier ist von Hauseaus fruchtig und spritzig genug. Dir nicht?Dann probier doch mal ein Biermischgetränk. Oder am besten eine Brause.Und davon ganz abgesehen glaube ich keinem Wirt,daß er beim Einkauf seines Dekorationsgemüses auf das Biosiegel achtet,um Dir eine schöne Portion Thiabendazol im Glas zu ersparen. Also: Laß' das Bierruhigen Gewissens zurückgehen und sage, daß Du Dich rechtzeitig meldest, ehe Dir der Skorbut ausbricht.
Und wo ich gerade bei Unsitten bin: Auch Reis ist eine tolle Sache.Im Sushi, im Hühnerfrikassee und selbst im Salzstreuer ist er echt gut aufgehoben.Findest Du ihn in allerdings Deinem Weizenglas, dann kannst Du dir nur über eines sicher sein:Der Wirt ist a) des Einschenkens unfähig (denn sonst würde das Bierauch ohne Reiskorn schön sprudeln) oder hat b) seinen Beruf komplett verfehlt,denn daß sich solche Sauereien nicht gehören, sollte sich unter Gastronomeninzwischen rumgesprochen haben.Also auch hier: Geniere dich nicht, ein neues Bier zu bestellen - am besten mit der Bitte, es dir diesmal selbst einschenken zu dürfen.