Abgesehen davon, daß Bier ja wenigstens anfangs tatsächlich so etwas wie eine Suppe ist, der Hopfen ist darin eindeutig das sprichwörtliche Salz. Zwar läßt es sich auch ohne ihn brauen, doch seine zahlreichen Inhaltsstoffe und Funktionen machen ihn zu einer normalerweise unentbehrlichen Zutat für jeden Sud. So sorgen zunächst einmal die im Hopfen enthaltenen Gerbstoffe und Säuren dafür, daß bestimmte Stoffe ausflocken, die Würze klarer und die Schaumbildung begünstigt wird.
Ungünstig für die Schaumbildung sind übrigens durch ihren Fettgehalt die Samen der männlichen Blüten. In den meisten hopfengeprägten Bierkulturen wird nicht zuletzt deshalb sorgfältig auf einen rein weiblichen Pflanzenbestand geachtet. Eine Ausnahme bildet dabei der angelsächsische Raum, wo eine dicke Schaumkrone aber auch nicht zu den vorrangigen Qualitätsmerkmalen für Biere zählt.
Abgesehen davon bringt Hopfen die vielfältigsten Geschmacksnoten mit: Die enthaltenen ätherischen Öle und Harze bedienen mit fruchtigen, grasigen, buttrigen, erdigen, zitrusartigen und vielen weiteren Noten so gut wie jede geschmackliche Vorliebe und bieten vielfältige Möglichkeiten, das Bier individuell zu prägen.
Eine weitere wichtige Eigenschaft und sicher wesentliche Ursache für den schnellen weltweiten Erfolg des Hopfens ist seine keimhemmende Wirkung, die die Haltbarkeit des Bieres erheblich verbessert.
Außerdem enthält Hopfen einen hohen Anteil an Polyphenolen, die allgemein, weil als Fänger freier Radikale im Körper bekannt, einen gesundheitsfördernden Ruf genießen. Insbesondere das Xanthohumol, ein Stoff aus dieser Gruppe, gilt als krebshemmend und ist in vielen Hopfensorten enthalten, während es sich auf anderen Wegen (synthetisch) praktisch nicht herstellen läßt.
Vor allem in der kommerziellen Bierproduktion und damit von der Mehrheit der Bierkonsumenten wird Hopfen bisher vor allem wegen seiner bekanntesten Braueigenschaft eingesetzt: Als Mittel zur Bitterung, die einen angenehmen frischen Kontrast zur Malzsüße des Biers liefern soll. Der Gehalt der Bitterstoffe wird in der Maßeinheit Prozent Alphasäuregehalt, bezogen auf das Gewicht, angegeben. Spezielle Zuchtsorten wie wie Nordbrauer oder Magnum haben bis zu 15% Alphasäuregehalt. Bis heute ist der Bitterstoffgehalt zumindest wirtschaftlich das entscheidende Merkmal des Hopfens; der Hopfenertrag wird daher auch oft in Tonnen Alphasäure in Bezug zur Anbaufläche gesetzt.
Die Hopfenpflanze
Biologisch gesehen handelt es sich beim Hopfen um einen Verwandten des Hanfs. Nicht von ungefähr erinnern manche Sorten also geruchlich an Hanfprodukte, auch jene, die im Betäubungsmittelgesetz erwähnt werden und nicht von ungefähr gibt es vereinzelt Biere, in denen als Gewürz statt Hopfendolden Hanfblüten zum Einsatz kommen.
Hopfen wächst in sogenannten Hopfengärten, teilweise riesigen Anlagen mit etlichen gespannten Wuchsdrähten, an denen die Schlingpflanze sich in atemberaubendem Tempo emporrankt. Dem Hopfen wird gemeinhin nachgesagt, daß man ihm beim Wachsen zusehen könne. Ein solcher Athlet ist anspruchsvoll; er verlangt tägliche Pflege, viel Wasser, nährstoffreiche Böden und ausreichend sonniges Klima.
In Deutschland kannst Du Hopfen ohne weiteres auch im Garten anbauen; in spezialisierten Gärtnereien und Zuchtbetrieben sind Stecklinge (Fechser) auch per Paketversand erhältlich. Es gibt inzwischen zahlreiche Hobbybrauer, die beim eigenen Hopfenanbau von guten Resultaten berichten können.
Hopfenarten und -sorten
Geschmacklich kontrastiert Hopfen einerseits mit seiner Bitternote die Süße unvergärbaren Würzebestandteile, andererseits enthält er je nach Sorte höchst unterschiedliche Kombinationen ätherischer Öle, die für den je nach Sorte typischen Duft und das entsprechende Aroma sorgen. Je nach Zucht werden bestimmte Hopfenarten für verschiedene Zwecke verwendet.
Bitterhopfen
Diese Sorten wurden gezüchtet, um einen möglichst hohen Ertrag der bitteren Humulon- und Lupulonsäuren ("Alphasäuren") zu liefern. Diese Säuren isomerisieren während des Kochvorgangs zu löslichen Stoffen. Sie liefern vor allem die biertypische Bittere. Außerdem lassen die enthaltenen Gerbstoffe trübungsbildende Proteinstoffe verklumpen (gerinnen) und ausfallen.
Zwar riechen auch Bitterhopfensorten oberflächlich "hopfig", sie liefern aber keine feinen, sondern bestenfalls rauhe und kratzige Aromen, die erst durch ausreichend langes Kochen (mindestens eine Stunde) vollständig verdampfen. Bitterhopfen sollte also nur zu Beginn des Kochens zugegeben werden.
Bekannte Sorten
- Nordbrauer
- Magnum
- Brewer’s Gold
- Nugget
- Target
Aromahopfen
Das Züchtungsziel dieser Sorten ist, dem Namen entsprechend, vorrangig ein Gehalt an abgerundeten aromatischen Stoffen. In der Praxis wird bei klassischen Aromasorten ein Kompromiß zwischen guter Bitterung und gutem Aroma angestrebt. Der Alphagehalt liegt meist zwischen sieben und zehn Prozent.
Bekannte Sorten
- Cascade: Zitrusbetonte Züchtung aus den USA, dort sehr beliebt in Ales. Auch zu spritzigen Bieren und Maisschüttungen sehr passend.
- Hersbrucker Spät: Blumig bis grasig.
- Merkur
- Perle: Blumig-grasiges Aroma mit leichten Zitrusnoten. Anbau vorwiegend in der Hallertau.
- Saphir
- Taurus
Hochfeine Aromasorten
Diese oft auch als Edelsorten bezeichneten Züchtungen fokussieren ausschließlich hochwertigste und abgerundete Aromaprofile und liefern nur selten mehr als vier Prozent Alphasäuren. Ein bekannter Vertreter ist der für klassisches Pilsner obligatorische Saazer. Natürlich kann hochfeiner Aromahopfen prinzipiell auch zum Bittern verwendet werden.
Ein solches Vorgehen hätte im Wesentlichen zwei Konsequenzen: Zum einen einen höheren Preis und mehr Hopfentreber bei letztlich gleicher Bitterung. Zum anderen enthielte das fertige Bier deutlich mehr Polyphenole. Unfiltriert sind solche Biere tendenziell trüber, werden aber zugleich als weniger bitter, weil vollmundiger empfunden. Die ausschließliche Gabe feinsten Aromahopfens kann also geschmacklich für interessante Variationen sorgen.
Bekannte Sorten
- Amarillo: Amerikanische Züchtung mit exzessiven Apfelsinen- und Pfirsichnoten. Erstere mehr im Duft, letztere im im Trunk. Hervorragend geeignet für aromatische Pale Ales.
- Fuggle (auch: Styrian Golding): Durch Züchtung verfeinerte Sorte, sehr beliebt für komplexe stärkere Ales (insbesondere IPA). Einzigartige erdige sowie grasige Aromen.
- (East Kent) Golding: Typisch englische Sorte mit komplexem, von blumig bis süßlich variierendem Aroma. Wird oft für späte Gaben und Stopfen empfohlen.
- Hallertauer Mittelfrüh, Hallertauer Tradition: Grasig-blumig mit Zitrusnoten.
- Saazer: Markantes, deutlich buttriges Aroma. Klassischer Pilsner Hopfen. Anbau Traditionell im Gebiet Saaz.
- Spalter: Blumiges Aroma mit leicht buttrigen Anklängen. Anbau ausschließlich im Gebiet Spalt.
- Spalter Select: Blumig-grasiges Aroma mit dezenten Fruchtnoten.
- Tettnanger: Blumig-komplexes Aroma, lieblich mit einer dezenten buttrigen Note. Anbau ausschließlich in Tettnang.
Aufbereitung und Gebinde
Die Inhaltsstoffe des Hopfens sind leicht verderblich und besonders anfällig für Luftsauerstoff. Seit jeher werden die Fruchtstände (Dolden) daher, nachdem sie früher mühsam von Hand, heute maschinell von den Ranken getrennt wurden, getrocknet. Bis heute haben viele Betriebe hierfür Trockenböden unter ihren Dächern, auch der schnelle maschinelle Wasserentzug ist aber inzwischen üblich.
Dolden
Traditionell werden die getrockneten Dolden in große Stoffsäcke gestopft und quaderförmig gepreßt. In kühlen Hallen mit geringer Luftfeuchtigkeit lassen sie sich so normalerweise bis zur nächsten Ernte ohne übermäßigen Qualitätsverlust lagern. Optimaler ist für die Lagerung eine Schutzgasatmosphäre oder ein Vakuum, denn durch Oxidation werden aus wertvollen Aromen mit der Zeit unangenehmere Düfte; der Hopfen beginnt zu käseln.
Hopfenpulver
Ein erster Schritt zur besseren Handhabung und Lagerfähigkeit war die Entwicklung der Pulverisation. Nicht braurelevante Doldenbestandteile werden entfernt, der Rest zu Pulver vermahlen und dieses luftdicht verpackt. Da insbesondere in der automatisierten Produktion aber nur unwesentliche Verbesserungen resultieren und die Luftempfindlichkeit angebrochender Gebinde weiterhin hoch ist, kommt Hopfenpulver heute kaum noch zum Einsatz.
Pellets
Eine entscheidende Verbesserung der Lagerfähigkeit und -stabilität wird erzielt, indem die Dolden unmittelbar nach dem Trocknen und Mahlen unter hohem Druck zu kleinen Zylindern gepreßt werden. Durch die klebrigen Harze behalten sie diese Form gut bei. Dieses Verfahren führt zu einer drastischen Verkleinerung der Oberfläche und damit deutlich geringerer Anfälligkeit gegen Oxidation. Auch der Bedarf an Lagerraum sinkt im Vergleich deutlich (eine große Einkaufstüte Hopfendolden ergäbe nicht einmal einen Liter Pellets) und die Handhabung wird insgesamt vereinfacht.
Pellettypen
Je nach Herstellung wird auch bei den Pellets vor dem Pressen ein kleinerer oder größerer Teil der Pflanzenfasern entfernt, die keine oder nur minimale Mengen Bitterstoffe enthalten. Der tatsächliche Anteil der für die Pellets verwendeten Masse an der gesamten eingesetzten Doldenmenge wird in Form einer Zusatzkennzeichnung stets mit angegeben, üblich sind 90% (P90), 45% (P45) und 30% (P30). Aromahopfenpellets sind meist vom Typ P90, da die sonst entfernten Pflanzenteile zum Teil aromabildende Substanzen enthalten.
Umrechnungen bei Pelletverwendung
Anders als häufig irrtümlich annommen, bedarf es für die Berechnung der zur Bitterung nötigen Hopfenmenge keiner Umrechnung des Alphasäuregehalts, denn dieser bezieht sich (außer, wenn ausdrücklich angegeben, was praktisch nie der Fall ist) immer auf das vorliegende Produkt. Mit 100 Gramm P90-Pellets eines Alphagehalts von 7% erreichst Du also die gleiche Bitterwirkung wie mit 100 Gramm P45 des gleichen Alphagehalts!
Durch das Mahlen ist die Oberfläche der Pellets nach dem Aufweichen in der Würze allerdings deutlich größer als die von ganzen Dolden. Deshalb ist eine andere Umrechnung durchaus sinnvoll: Zum Erreichen der Bitterwirkung von 100 Gramm Dolden mit 7% Alphagehalt genügen nach allgemeiner Auffassung und Handhabung 90 Gramm Pellets mit 7% Alphasäuregehalt.
Hopfenextrakt
Eine noch größere Möglichkeit der Standardisierung vor allem im Bereich der industriellen Herstellung bieten die bereits vorab durch Lösung entzogenen Wirkstoffe des Hopfens. Hierbei werden, je nach Produkt, die Aromaöle oder Bitterstoffe mittels Ethanol oder flüssiges Kohlendioxid extrahiert und als meist flüssiges Fertigprodukt angeboten:
- Nichtisomerisierter Hopfenextrakt wird wie normaler Bitterhopfen eingesetzt. Die enthaltenen Alphasäuren müssen sich erst durch den Kochvorgang lösen und die in der Regel ebenfalls enthaltenen Gerbstoffe fällen unerwünschte Proteine aus.
- Isomerisierter Hopfenextrakt liefert Bittersäuren bereits in direkt löslicher Form. Er wird üblicherweise zur nachträglichen Korrektur zu geringer Bitterwerte eingesetzt. Das Hopfenkochen kann er nicht ersetzen, da dieses auch zur Proteinfällung benötigt wird.
- Aromaextrakte dienen, wozu sonst, der gezielten Zugabe von Hopfenduft und -geschmack.
Nach deutschem Biergesetz sind Extrakte grundsätzlich erlaubt, sofern sie im Ergebnis die gleichen Stoffe wie natürlicher Hopfen einbringen und vor Ende des Kochens zugegeben werden. Damit verbietet sich der nachträgliche Einsatz zur Bitterwertkorrektur in Deutschland zumindest für gewerbliche Brauer.
Hopfengaben
Die Zugabe von Hopfen kann grundsätzlich während des gesamten Herstellungsprozesses erfolgen.
Vorderwürzehopfung
Insbesondere in Hobbybrauerkreisen ist diese sehr frühe Zugabe von Aromahopfen teilweise sehr beliebt. Wenngleich aus physikalischer Perspektive die leicht flüchtigen edlen Aromastoffe des Hopfens während des normalerweise mehr als einstündigen Würzekochens vollständig ausgetrieben werden, schwören manche Brauer auf die ihrer Meinung nach schmeckbaren, besonders feinen Noten, die so die Vermutung in den verwendeten hochfeinen Aromahopfen enthaltene Vorläuferstoffe erst beim Kochen ausbilden.
Zur Vorderwürze gegebener Hopfen muß in die Gesamtberechnung der Bitterwerte vollständig einbezogen werden, und zwar ab dem Zeitpunkt, ab dem die Würze mindestens 92 °C heiß ist. Die Vorderwürzehopfung zählt somit als Teil der Bitterhopfung. Es kann prinzipiell auch die gesamte Bittergabe durch die Vordewürzehopfung ersetzt werden.
Bitterhopfengabe
Der hier zugegebene Hopfen dient der Bitterung der Würze und dem intensiveren Ausfällen bestimmter Eiweiße. Er wird daher in der Regel vor dem Würzebruch, bei dem die auszufällenden Eiweiße zu gerinnen beginnen, zugegeben. Da diese Gerinnung etwa zehn bis 15 Minuten nach Kochbeginn stattfindet, erfolgt die Bitterhopfengabe in der Regel bei erreichen der Kochtemperatur. Eingesetzt werden kann jeder beliebige Hopfen; teurer Aromahopfen ist jedoch nicht nur wegen der weitgehenden Aromaverdampfung nicht ideal, sondern auch wegen meist größeren Menge an Hopfentrebern, die später wieder herausgefiltert werden müssen. Ideal sind Sorten mit hohem Bitterwert wie etwa Magnum.
Die Bittergabe liefert normalerweise zwischen 50 und 75 Prozent der gesamten Bitterwerte. Dieser Größenordnung ist aber eher ein Durchschnittswert denn ein verbindlicher.
Aromahopfengaben
Dem Namen gemäß sind sie für Duft und Geschmack zuständig und fallen daher je nach gewünschtem Biertyp unterschiedlich stark aus. Es gibt auch Biersorten, bei denen keine oder nur eine minimale Aromagabe stattfindet. Insbesondere verschiedene englische sowie allgemein dunkle Biere gehören dazu. Umgekehrt gibt es Spezialbiere, bei denen über die gesamte Kochdauer kontinuierlich kleine Mengen Aromahopfen zugegeben werden. Typische Aromagaben sind:
- Frühestens 20 Minuten vor Kochende sollte die erste Zugabe von Aromahopfen erfolgen, oft erfolgt sie auch später. Meist ist dieser Zeitpunkt ein Kompromiß zwischen Bitter- und Aromastoffausnutzung.
- Unmittelbar vor Kochende zugegebener Hopfen liefert nur noch minimale Bitterwerte (unterhalb von 92 °C isomerisieren Alphasäuren nicht mehr). Dafür werden jedoch die Aromastoffe des hier gerne eingesetzten hochfeinen Hopfens besonders gut bewahrt, da sie bis zum Hopfenseihen schonend in die Würze übergehen.
Gärung
Das Zugeben von Hopfen nach Kochende bietet die Möglichkeit, hochwertigste Aromen besonders schonend und effektiv auszunutzen. Die während der Gärung entstehende Kombination aus Kohlendioxid und Alkohol begünstigt diesen Vorgang erheblich. Freunde besonders intensiven Aromas geben hierfür edelste Sorten in ein kleines, mit Glasmurmeln oder dergleichen beschwertes Baumwollsäckchen, damit einem Obenaufschwimmen entgegengewirkt und die vollständige Exktraktion sichergestellt wird.
Übrigens haben die späten Hopfengaben noch einen weiteren Effekt: Sie liefern besonders viele nicht isomerisierte Alphasäuren. Diese wiederum wirken in besonderem Maß keimhemmend und verbessern die Bierstabilität deutlich.
Hopfenstopfen
Wenn Dir auch das intensive während der Gärung entstehende Aroma noch nicht genügt, so gibt es eine letzte, obendrein noch dekorative Möglichkeit für den finalen Hopfenkick: Nach dem Befüllen (vorher würdest Du ein unnötiges Aufschäumen riskieren) drückst Du in jede Flasche zwei bis drei Hopfendolden. Das sieht besonders bei hellen Bieren interessant aus und liefert abermals besonders schonend intensiven Duft und Geschmack. Derart veredelte Flaschen sollten natürlich schonend, das heißt lichtgeschützt gelagert werden.
Berechnung der Hopfengaben
Anders als das Hopfenaroma, das vor allem durch die Auswahl der Sorte und der möglichst späten Zugabe zur Würze bzw. zum Jungbier beeinflußt wird und ein wenig Brauerfahrung voraussetzt, läßt sich die resultierende Bittere recht einfach und zuverlässig durch Berechnung voraussagen. Der Gehalt an Bitterwerten im fertigen Bier wird dabei in der heute international standardisierten Einheit IBU (International Bittering Units) angegeben, bisweilen auch als Bitter-Einheiten (BE) bezeichnet und besagt nichts anderes, als die auf 1000 Liter Würze bezogene Menge gelöster Alphasäuren in Gramm. Vereinzelt ist auch noch die geringfügig abweichende europäische Angabe in (EBU) zu finden. In den Sortenbeschreibungen findest Du jeweils typische Bitterwerte für die verschiedenen Bierstile.
Die nachfolgenden Darstellungen der Formeln sind in erster Linie hilfreich, wenn Du sie mit mathematischem Sachverstand nachprüfen und/oder verbessern möchtest (bitte bei Erfolg eine Nachricht an mich!). Wenn Du ohnehin nicht von Hand rechnen möchtest, findest Du sie auch fertig eingebaut im Hopfenrechner.
Ermitteln des passenden Bitterwerts
Die Wahrnehmung der Bittere kontrastiert wie schon erwähnt mit der Vollmundigkeit des Biers; ein schlankes Kölsch ist bei gleichem Gehalt an Bitterwerten also subjektiv herber als ein vollmundiges, leicht süßes Altbier. Bei der Planung eines Sudes kann dieser Umstand berücksichtigt werden, indem der Bitterwert in Relation zum Stammwürzegehalt gesetzt wird.
Ausgewogene Bittere (IBU) = Stammwürze (°P) x 2
Beispiel 1: (Kölsch, 11% Stammwürze)
Zielbitterwert = 11 x 2 = 22 IBUBeispiel 2: (Altbier, 13% Stammwürze)
Zielbitterwert = 13 x 2 = 26 IBU
Korrekturfaktoren
Aus diesem Grundansatz lassen sich relativ einfach Korrekturfaktoren ableiten. Ein guter Richtwert ist folgender Korrekturskala, wenn Du kein ausgewogen bitteres Bier brauen möchtest:
Empfundene Bittere | Korrekturfaktor |
---|---|
Sehr mild | 0,5 |
Mild | 0,75 |
Ausgewogen | 1 |
Herb | 1,25 |
Sehr herb | 1,5 |
Die Formel zur Berechnung lautet also:
Gewünschte Bittere (IBU) = Ausgewogene Bittere (IBU) x Korrekturfaktor
Beispiel 1: (Kölsch, herb)
Zielbitterwert = 22 IBU x 1,25 = 27,5 IBU
Beispiel 2: (Altbier, mild)
Zielbitterwert = 26 IBU x 0,75 = 19,5 IBU
Außerdem kannst Du, um dem oben genannten Effekt noch besser Rechnung zu tragen, den anzustrebenden Bitterwert noch an den geplanten/voraussichtlichen scheinbaren Vergärgrad anpassen:
Angepaßter Bitterwert (IBU) = Zielbitterwert (IBU) x (1 + (85 - Vergärgrad) : 100)
Beispiel 1: (Kölsch, scheinbarer Vergärgrad vsl. 85%)
Zielbitterwert = 27,5 IBU x (1 + (85 - 85) : 100) = 27,5 IBU x 1 = 27,5 IBU
Beispiel 2: (Altbier, scheinbarer Vergärgrad vsl. 75%)
Zielbitterwert = 19,5 IBU x (1 + (85 - 75) : 100) = 19,5 IBU x 1,1 = 21,5 IBU
Die beiden letztgenannten Formeln sind aus Erfahrungswerten abgeleitet, erheben also keinen Anspruch auf wissenschaftliche Korrektheit. In der Praxis funktionieren sie jedenfalls gut.
Ausnutzungsfaktor
Anhand der oben genannten Beispiele ist nun klar, daß für das fertige Bier je Liter 0,0275 (bzw. 0,02145) Gramm Alphasäuren notwendig sind. Welchen Alphasäuregehalt Dein Hopfen hat, ist Dir hoffentlich immer bekannt; allerdings kannst Du auch durch noch so intensives Würzekochen längst nicht die gesamte Menge in der Bierwürze lösen. Die Ausnutzung der Bitterstoffe hängt vielmehr ab von:
- Der Isomerisationsdauer des Hopfens (also Kochzeit einschließlich Abkühlphase bis unterhalb 92 °C),
- dem Stammwürzegehalt,
- der Art des Hopfenprodukts (Pellets oder Pulver contra Dolden) und
- dem Zeitpunkt der Zugabe (also vor oder nach dem Würzebruch).
Glenn Tinseth, nach eigener Aussage ein Hophead, hat vor längerer Zeit eine praxistaugliche Formel veröffentlich, mit der sich der Ausnutzungsfaktor anhand der genannten Einflüsse verläßlich berechnen läßt. Diese Formel lautet:
Ausnutzung (%) = 1,65 x 0,000125((0,00001493 x Stammwürzegehalt x Stammwürzegehalt2 + 0,0038365 x Stammwürzegehalt + 0,99828) : 0,998203)-1 x (1-exp(-0,04 x Isomerisationsdauer )) : 0,0415 * (1 + (2 - Pelletfaktor - Würzebruchfaktor) : 10)
Beispiel 1: (9,5% Stammwürzegehalt bei Kochbeginn, 85 Minuten Kochdauer und zwei Minuten Abkühlen bis 92 °C = 87 Minuten Isomerisationsdauer, Pellets werden vor dem Würzebruch gegeben)
Ausnutzung (%) = 1,65 x 0,000125((0,00001493 x 9,5 x 9,52 + 0,0038365 x 9,5 + 0,99828) : 0,998203)-1 x (1-exp(-0,04 x 87 )) : 0,0415 * (1 + (2 - 0 - 1) : 10) = 27,2%
Beispiel 2: (11% Stammwürzegehalt bei Kochbeginn, 80 Minuten Kochdauer und vier Minuten Abkühlen bis 92 °C = 84 Minuten Isomerisationsdauer, Dolden werden vor dem Würzebruch gegeben)
Ausnutzung (%) = 1,65 x 0,000125((0,00001493 x 11 x 112 + 0,0038365 x 11 + 0,99828) : 0,998203)-1 x (1-exp(-0,04 x 84 )) : 0,0415 * (1 + (2 - 1 - 1) : 10) = 21,9%
Der Pelletfaktor und der Würzebruchfaktor sind jeweils mit 0 zu ersetzen, wenn Pellets bzw. Pulver eingesetzt werden und wenn die Gabe nach dem Würzebruch erfolgt, ansonsten mit 1.
Berechnen der tatsächlichen Hopfengaben
Sobald Du neben dem Alphagehalt des Hopfens auch die konkrete Ausnutzung kennst, die Dein konkretes Brauvorhaben leisten kann, bist Du zu guter Letzt in der Lage, die benötigte(n) Hopfenmenge(n) zu ermitteln. Die geht mit einer sehr einfachen Formel, die bereits die eventuelle Aufteilung in verschiedene Hopfengaben berücksichtigt:
Hopfenmenge (g) = (Ziel-Bitterwert (IBU) x ZielMenge Würze (Liter) x Anteil der Gabe (%)) : (Ausnutzung (%) x Alphagehalt (%) x 10)
Beispiel 1: (Nur eine Bittergabe = Anteil 100%, Zielmenge 50 Liter mit 27,5 IBU, Alphagehalt des verwendeten Hopfenprodukts 8%, Ausnutzung wie oben berechnet 27,2%)
Hopfenmenge = (27,5 x 50 x 100) : (27,2 x 8 x 10) = 63,2 g
Beispiel 2: (70prozentige Bittergabe, 20 Liter Zielmenge mit 21,45 IBU, Alphagehalt der Dolden 12%, Ausnutzung lt. Berechnung 21,9 % sowie eine 30prozentige Aromagabe mit den gleichen Dolden, Ausnutzung wegen der kurzen Kochzeit nur 14%) Dolden werden vor dem Würzebruch gegeben)
Hopfenmenge1 = (21,45 x 20 x 70) : (21,9 x 12 x 10) = 11,4 g
Hopfenmenge2 = (21,45 x 20 x 30) : (14 x 12 x 10) = 7,7 g
Die Anteile der einzelnen Hopfengaben am Gesamtbitterwert kannst Du nach Belieben festlegen. Ein typischer Richtwert ist die Aufteilung in zwei bitternde Gaben, eine davon zu Kochbeginn mit einem 75prozentigen Anteil und eine mit 25 Prozent etwa 15 Minuten vor Kochende. Die weiteren Gaben ab kurz vor Kochende sind für die Bitterung nicht mehr von Bedeutung und erfolgen hauptsächlich um des Aromas Willen.
Hinweis: Bei der Verwendung von Hopfenextrakt gelten abweichende Formeln für Ausnutzung und Menge. Hier solltest Du stets die jeweiligen Produktdatenblätter beachten.
Hopfenrechner
Etwas komplexer sind diese Berechnungen auch im Sudplaner enthalten.