Genau wie dem Hopfen wird auch ihm landläufig gerne gehuldigt - wahlweise als "Seele", "Körper" oder schlicht "Basis" jedes Bieres. Das stimmt. Und es stimmt auch wieder nicht. In der Praxis ist Malz wohl - vom Wasser abgesehen - nicht nur mengenmäßig tatsächlich der wichtigste Rohstoff für die Bierherstellung; auch historisch gesehen spielt veredeltes Getreide hier deutlich länger eine Rolle als der Hopfen, der erst im Spätmittelalter seinen Siegeszug in die Sudpfannen antrat.
Geschichte
Die Teiglegende
In fast allen Geschichten über die Entdeckung des Biers gibt es die Stelle mit dem vergessenen Teig. Sie besagt in etlichen Varianten, daß vermutlich eines Tages ein Bäcker einen Teigrest in einer Ecke vergaß und diesen erst nach Wochen wiederentdeckte. Der Brei - denn zu der Zeit, der die Erfindung des Biers nachgesagt wird, wurde Brot in Fladenform gebacken, dessen Teig verglichen mit dem unserer Tage deutlich mehr Wasser enthielt - sei zum Erstaunen des Bäckers nicht nur nicht verschimmelt gewesen, sondern habe auch noch eigenartig, aber nicht ungenießbar geschmeckt und, zu allem Überfluß, eine heitere Stimmung beschert. Da die zur Gärung nötigen Hefepilze seit jeher auch in der freien Natur vorkommen und - wen wundert das - auch und nicht einmal selten dem Getreidekorn selbst anhaften, ist es nicht unwahrscheinlich, daß diese Art der Entdeckung sogar mehr als einmal von den frühen Kulturvölkern gemacht und, ob der angenehmen Folgen des Genusses, erforscht und zum Handwerk erhoben wurde.
Malz ist Getreide; Getreide ist nicht immer Malz
Wenn man sich die Grundlagen alkoholischer Gärung näher ansieht, lernt man bald, daß hier ohne Zucker nichts zu machen ist. Getreide im Ausgangszustand enthält jedoch kaum vergärbare Zucker, sondern fast ausschließlich Stärke. Das ändert sich erst in dem Augenblick, da das Getreidekorn feucht wird und zu keimen beginnt. In diesem Moment entstehen im Mehlkörper Enzyme, die zur Umwandlung desselben in vergärbare (und nichtvergärbare) Zucker in der Lage sind und in freier Natur dafür sorgen sollen, daß der entstehende Keimling genug Energie erhält, um sich bis ans Tageslicht vorzukämpfen, wo er mittels Photosynthese selbst Energie für sein Wachstum gewinnen kann. Sofern die Theorien über die Zufällige Bierentstehung zutreffen, wurde in den besagten Backstuben also vermutlich mit Getreide gearbeitet, das (aus Bäckersicht) nicht ganz sachgemäß gelagert, sprich: feucht wurde und trotz erster Sprößlinge seinen Weg in den anschließend vergessenen Teig fand.
Entwicklung, Verwendung und Verbreitung
Mit der Zeit wurde die gezielte Keimung (und das Beenden derselben) wissenschaftlich erforscht und perfektioniert. Aufgrund der schon während der Herstellung je nach Vorgehen mehr oder weniger starken Verzuckerung der Getreidestärke wurde Malz rasch auch als Süßungsmittel entdeckt und erlangte in Zeiten, da Zucker noch unbekannt war, entsprechende Beliebtheit als Alternative zum Honig. Auch in der Bäckerei wird Malz (und daraus gewonnene Extrakte) vielfältig eingesetzt: Sei es als Gärbeschleuniger zur Teiglockerung, als Süßungsmittel oder zur Färbung "gesund wirkender" Backwaren. Feinbackwaren und Kekse können durch Malz eine besonders charakteristische Süße erhalten.
Von nichts kommt nichts: Aufwendige Herstellung
Der Aufwand, den moderne Mälzereien betreiben, um aus Getreidekörnern eine Vielfalt an back- und brautechnisch idealen Ausgangsprodukten zu gewinnen, ist enorm. Das gilt nicht nur für die Mengen an Wasser und Energie, die hierbei zum Einsatz kommen.
Ausgangsmaterial
Da Getreidekörner grundsätzlich überwiegend aus Stärke bestehen und in ihrer Eigenschaft als Samen alle keimfähig sind, läßt sich prinzipiell aus allen Getreidekörnern Malz herstellen. In der Praxis wird wegen der spezifischen Eigenschaften (insbesondere Stärkeanteil und Enzymgehalt) jedoch überwiegend Gerste für die Braumalzherstellung verwendet. Die typischen deutschen Brotgetreide werden ebenfalls zu Braumalz verarbeitet; Weizenbier ist heute wieder ein gängiges Produkt, währen Roggenmalz weiterhin höchstens Nischen besetzt. Glutenfreie Getreide wie etwa Hirse erlauben die Herstellung von Bieren für Zöliakiepatienten, was jedoch in der gewerblichen Bier- und Malzherstellung so gut wie keine Rolle spielt. Aber auch ohne krankheitsbedingte Disposition experimentieren viele fortgeschrittene Hobbybrauer mit der Herstellung von Malz aus nicht (mehr) üblichen Getreiden wie Einkorn oder Emmer (oder mit dem Einsatz von unvermälztem Getreide und der Zugabe künstlicher Enzyme). Mehr über die speziellen Eigenschaften verschiedener Getreide.
Weichen und Keimen
Nach dem durch Einweichen (Fachbegriff: Weiche) künstlich provozierten Keimen des Getreides wird dieses nach ausgeklügelten Verfahren gewendet, belüftet und temperiert, bis der Keimling eine je nach Sorte genau festgelegte Wuchslänge erreicht hat. Dieser Arbeitsschritt erfolgt heute meist in schwimmbadgroßen Behältern, die als Keimkästen bezeichnet werden.
Darren
Damit noch genug Stärke für die im späteren Brauvorgang stattfindende enzymatische Verzuckerung übrigbleibt, muß der Keimvorgang im richtigen Moment unterbrochen werden. Dies geschieht durch abrupte Trocknung. Je nachdem, welche Eigenschaften das Malz einmal haben soll, variieren Dauer und Temperatur hierbei erheblich. In den frühen Tagen des Mälzens war die Trocknung (Darre) unter freiem Himmel auf der sogenannten Tenne üblich, wo auch das Keimen und Wenden stattfand. Noch heute erhält man vereinzelt und für relativ teures Geld Tennenmalz, das auf diese Art hergestellt wurde und dem zumindest seine Hersteller "besonders intensiven Geschmack" nachsagen. Zur Beschleunigung setzte man in der weiteren technologischen Entwicklung durch Holzfeuer erhitze Luft ein. Diese durchströmte, lange Zeit ungefiltert und direkt, das über ihr plazierte Grünmalz und verlieh im dabei eher unbeabsichtigt stets einen leicht rauchigen Geschmack. Auf diese Art wird heute, wenn auch gezielt, Rauchmalz hergestellt; das hieraus gebraute Rauchbier hat viele Anhänger. Nachdem geräuchertes Malz wegen des nicht immer und bei jedem beliebten Rauchgeschmacks und zudem wegen gesundheitlicher Bedenken in Verruf geriet, wurden schließlich indirekte Methoden zur Trocknung entwickelt. Hierbei wird die von den Verbrennungsabgasen oder anderweitig mittels Wärmetauschern erhitzte Luft gezielt durch die Darrhorden geleitet und sorgt so für eine geschmacksneutrale Trocknung.
Rösten
Ergänzend zum oder als Ersatz für das Darren werden bestimmte Spezialmalze in Rösttrommeln getrocknet. Hierbei entstehen Röstaromen und Farbstoffe. Auch kann durch erneute Zugabe von Flüssigkeit eine Verzuckerung der im Malz enthaltenen Stärke und eine anschließende Karamellisierung bewirkt werden.
Entkeimen
Zuletzt werden mit mechanischen Verfahren (meist durch Rütteln und/oder in Trommeln) die Keimlinge entfernt. Diese sind für den Brauprozeß wertlos, nicht jedoch für die Landwirtschaft: Vierbeiner wie Schwein und Rind schätzen diese Fett- und Proteinhaltige Kost, weshalb viele Mälzereien dieses Nebenprodukt für gutes Geld an Mastbetriebe verkaufen.
Verpackung und Transport
Sobald das Malz trocken und entkeimt ist, kann es für Transport und Lagerung verpackt werden. Nach wie vor sind Säcke das bevorzugte Gebinde der meisten Brauereien. Sie bestehen heute meist aus mehreren starken Papierlagen und haben die historischen Textil- und späteren Säcke aus stabilem Kunststoffgeflecht weitgehend verdrängt. Großbetriebe beziehen ihr Malz indes meist in Containern oder als lose Schüttware. Einige Mälzereien besitzen eigene Schiffs- oder Bahnverladeeinrichtungen und die größten Brauereibetriebe ebenso.
Lagerung
Malz hält sich relativ lang. Aus guter Ware läßt sich auch nach Jahren noch problemlos erstklassiges Bier brauen. Die Haltbarkeit verkürzt sich erst stark, sobald durch schroten das Korn zerstört und der Mehlkörper mitsamt seinen Enzymen der Oxidation ausgesetzt wird. Geschrotetes Malz sollte binnen einiger Tage bis Wochen verbraucht werden. Allerdings beteuern manche Hobbybrauer, die Haltbarkeit durch Vakuum-Verpackung oder Einfrieren verlängern zu können.
Schädlinge
Malz sollte trocken und luftfdicht gelagert werden; letzteres schützt auch vor ungebetenen Gästen: Die natürlichen Fraßfeinde des Getreides schätzen gleichwohl den Geschmack gemälzten Korns. Zu ihnen zählen vor allem der Kornkäfer, aber auch Mäuse oder Silberfischchen lassen sich die nahrhafte Kost nicht entgehen.
Braurelevante Eigenschaften
Je größer ein Brauereibetrieb und damit seine Sudgrößen sind, umso kritischer wird Malz vor dem Einsatz hinsichtlich seiner Zusammensetzung und Eigenschaften beurteilt. Die Wareneingangskontrollen und Labors großer Brauereien lassen schon rein flächenmäßig so manchen Kleinbetrieb vor Neid erblassen. Im professionellen Handel erhält der Abnehmer auf Anfrage, wenn nicht grundsätzlich, zu jeder Malzcharge ein genaues Datenblatt mit Analysewerten des Produkts. Auch für ambitionierte Klein- und Hobbybrauer stehen dort einige Informationen, deren Kenntnis das Erreichen von Sudzielen erleichtern und/oder Enttäuschungen vorbeugen kann:
- Farbe: Gibt an, wie viel Licht eine nach standardisierten Methoden hergestellte Würze aus diesem Malz absorbiert. Einheit ist EBC, der Wertebereich liegt zwischen 2 (sehr helles Pilsner Malz) und ca. 1500 (intensiv geröstetes Farbmalz).
- Eiweißgehalt: Dieser Wert entscheidet über spätere Trübungen, Schaumverhalten und den Gehalt an vergärbaren Zuckern (denn je mehr Eiweiß im Korn, desto weniger verzuckerbare Stärke). Typisch sind Werte um zehn Prozent.
- Eiweißlösung: Je besser das Eiweiß bereits gelöst ist, umso einfacher wird die Maischarbeit. Heutzutage sind Werte von über 40% üblich, die einen vollständigen Verzicht auf die Eiweißrast erlauben. Bei schlecht gelösten Malzen ist sie hingegend zwingend nötig.
- Alpha-Stickstoff: Stickstoff wird von der Gärhefe zur Vermehrung benötigt. Insbesondere Hobbybrauer, die oft mit zu geringen Hefemengen anstellen, profitieren daher von Werten oberhalb der typischen 1,5‰ im Hinblick auf eine zügige und vollständige Hauptgärung.
Sorten und Typen
Braumalz wird in verschiedene Kategorien unterteilt, die sich zum einen nach dem Verwendungszweck und zum anderen nach der Farbintensität richten, die wiederum von der Intensität des Darrens bzw. Röstens abhängt.
Basismalze (Braumalz)
Basismalze stellen in den Schüttungen der meisten Biere den größten Anteil dar. Ihre Aufgabe besteht in der Bereitstellung der Stärke und der Enzyme, die diese zu vergärbaren Zuckern umwandeln. Sie unterscheiden sich hinsichtlich der Hitzeintensität beim Trocknen und, damit korrespondierend, der Farbe und der entsprechenden Aromen. Grundsätzlich kann aus jedem Getreide ein Basismalz hergestellt werden. Üblich sind hierzulande jedoch meist Biere aus Gerste, da diese für die tradierte Maischarbeit die besten Voraussetzungen bietet (siehe auch weiter unten bei Weizen- und Roggenmalz).
Pilsner Malz
- Eigenschaften: Das heute vermutlich am häufigsten eingesetzte Basismalz. Es wird bisweilen auch einfach als "Braumalz" angeboten. Wegen der niedrigen Darrtemperaturen meist hoher Enzymgehalt. Nicht selten je nach Getreidesorte und Mälzverfahren leicht grasiger Würzegeschmack.
- Rohstoff: Gerste
- Farbe: 2-4 EBC
- Einsatzgebiet: Sehr helle, oft hochvergorene Biere. Wegen des hohen Enzymgehalts aber oft auch anteilig in dunklen Bieren enthalten.
- Typische Biersorten: Pilsner, helles Lager- und Exportbier, Kölsch, Altbier, auch helle Bockbiere
Pale Ale-Malz
- Eigenschaften: Wie der Name schon sagt, ist dieser Typ eigentlich Ausgangsstoff für "Pale Ale", also helle Biere britischen Typs. Bisweilen wird diesem Typ ein dezent "toastiger" Geschmack nachgesagt. Bei Verwendung britischer Getreide oft noch höherer Enzym- und Eiweißgehalt als Pilsner Malz, weshalb diese Sorte besonders gut geeignet für das absteigende Infusionsmaischverfahren ist. Allerdings werden auf dem Kontinent oft auch einfach etwas dunkler gedarrte Standardgerstensorten verwendet.
- Rohstoff: Gerste
- Farbe: 5-7 EBC
- Einsatzgebiet: Helle, goldgelbe Biere; als Schüttungsbeimischung grundsätzlich für alle Biertypen geeignet.
- Typische Biersorten: Helle Ales sowie helles Lager- und Exportbier
Wiener Malz
- Eigenschaften: Etwas kräftiger gedarrtes Malz, das eine dezente, aber merkbare Toffee-Röstnote in die Würze einbringt. Gibt eine kräftige, satte Würzefarbe.
- Rohstoff: Gerste
- Farbe: 8-12 EBC
- Einsatzgebiet: Festbiere, Export- und Märzenbiere; als Schüttungsbeimischung grundsätzlich für alle Biertypen geeignet.
- Typische Biersorten: Wiener Export, Oktoberfestbier
Münchner Malz
- Eigenschaften: Dunkel gedarrtes Braumalz mit deutlichen Malz- und Toastaromen. Es gibt verschiedene Einteilungen (meist in die Typen eins bis drei), die sich in der Intensität von Geschmack und Farbe unterscheiden. Am häufigsten wird "Typ 2" mit seiner kräftigen kupferroten bis hellbraunen Würzefarbe (meist ca. 25 EBC) angeboten.
- Rohstoff: Gerste
- Farbe: 15-50 EBC
- Einsatzgebiet: Kräftig gefärbte, malzaromatische Biere
- Typische Biersorten: Klassisches Münchner Bier, Altbier, dunkle Bockbiere, auch als farb- und aromagebende Beimischung zu anderen Typen geeignet.
Weizenmalz
Weizenmalz ist wie Braumalz aus Gerste ein Basismalz und kann theoretisch die gesamte Schüttung bilden. In der Praxis ist dies allerdings selten. Der Grund wird beim Vergleich des Weizenmalzkorns mit dem der Gerste deutlich: Im Gegensatz zu letzterem fehlen ersterem die Spelzen, die beim Läutern das Filterbett bilden, sodaß Sude ohne Gerstenanteil besondere Vorrichtungen zum Trennen der flüssigen und festen Würzebestandteile nötig werden. Daher werden zumindest in Deutschland die meisten Weizenbiere mit wenigstens 30 Prozent Gerstenmalzanteil gebraut.
Weizenmalz hell
- Eigenschaften: Typisches Basismalz für Weizenbiere.
- Rohstoff: Weizen
- Farbe: 3-6 EBC
- Einsatzgebiet: Helle Weizenbiere, manchmal in kleinen Mengen auch in hellen obergärigen Bieren eingesetzt.
- Typische Biersorten: Alle Weizenbiere, Weizenstarkbier
Weizenmalz dunkel
- Eigenschaften: Intensiver gedarrtes Weizenmalz.
- Rohstoff: Weizen
- Farbe: 20-50 EBC
- Einsatzgebiet: Dunkle Biere
- Typische Biersorten: Dunkles Weizenbier, Weizenbock
Roggenmalz
Roggenmalz ist eigentlich ein hochinteressantes Braumalz. Es bringt einen erdigen, zugleich spritzigen und bisweilen säuerlichen Geschmack und harmoniert auch gut mit fruchtigen Noten obergäriger Hefen. Allerdings fehlen ihm, wie auch dem Weizenkorn, die Spelzen, sodaß das Läutern ohne Hilfsmittel oder den Zusatz von Gerstenmalz kaum möglich ist. Hinzu kommt, daß aus Roggenmalz gewonnene Bierwürze Schleimstoffe enthält und deutlich zähflüssiger ist als Würze aus anderen Rohstoffen. Insgesamt ist der Maischprozeß bei stark roggenhaltigen Bieren daher nichts für ungeduldige oder aber eine gute Gelegenheit, sich mich technischen Enzymen anzufreunden, denn die im Korn enthaltenen Glukanasen lindern das Problem nur leidlich.
- Eigenschaften: Roggen ist ein klassisches Brotgetreide, kräftig im Geschmack und bisweilen leicht säuerlich. Roggenmalz ist dementsprechend kernig. Roggenmalzzugabe erhöht die Viskosität der Bierwürze erheblich, sodaß das Läutern zur Geduldsprobe werden kann.
- Rohstoff: Roggen
- Farbe: 10-12 EBC
- Einsatzgebiet: Spezialbiere
- Typische Biersorten: Roggenbier
Karamellmalz ("Karamalz")
Dieses Malz wird durch gezieltes Befeuchten und temperieren bereits vor dem Darren/Rösten vollständig verzuckert. Durch konstantes Feuchthalten und Erhitzen karamellisiert der Malzzucker komplett. Im Bild ist der Unterschied zwischen dem hellen Mehlkörper des normalen Braumalzkorns (mittig) und das glasige Innere eines karamellisierten Malzkorns (vorne rechts) zu erkennen. Das Resultat ist eine Süße, die von der Hefe nicht vergoren werden kann. Ziel der Zugabe ist es, dem fertigen Bier eine vollmundige Restsüße zu verleihen. Diese kann allerdings bei zu hoher Dosierung schnell einen klebrigen, aufdringlichen Charakter mit sich bringen. In vielen alkoholarmen und alkoholfreien Bieren wird das Fehlen dieses wesentlichen Geschmacksträgers mit Karamalz zu kompensieren versucht. Karamellmalze unterscheiden sich voneinander vor allem durch ihre Farbe. Je nach Hersteller gibt es hier mittlerweile eine breit abgestufte Palette. Dunklere Varianten bringen einen intensiveren Toffee-Geschmack ins Bier. In den letzten Jahren werden neben den typischen gerstenbasierten Sorten auch vermehrt Karamalze aus Weizen und Roggen angeboten. Ein paar Sortenbeispiele:
Karapils
- Eigenschaften: Aus sehr hellem (Pilsner) Malz hergestelltes Karamellmalz.
- Rohstoff: Gerste
- Farbe: 3-5 EBC
- Einsatzgebiet: Helle Biere, alkoholfreie oder -arme Biere, zu schlank geratene Biere. Auch wenn der Name es andeutet, hat dieses Malz in echtem Pilsner Bier nichts zu suchen, das seinen Körper eigentlich aus feinstem Aromahopfen beziehen sollte. Dennoch wird es leider selbst im gewerblichen Bereich oft dafür eingesetzt, dessen Fehlen durch etwas Malzvollmundigkeit zu ersetzen.
- Typische Biersorten: Leichtbier, helles Lagerbier
Karamellmalz hell
- Eigenschaften: Vergleichsweise helles Karamellmalz, mit dem sich die Vollmundigkeit steuern läßt ohne einen übermäßig süßlichen Charakter zu erzeugen.
- Rohstoff: meist Gerste, grundsätzlich aber auch aus Weizen oder Roggen möglich
- Farbe: 20-30 EBC
- Einsatzgebiet: Leichtbiere, Festbiere und Exportbiere, Weizenbier
- Typische Biersorten: Wiener Export, Münchner Helles, Märzenbier
Karamünch
- Eigenschaften: Karamellisiertes Müncher Malz, das neben der Vollmundigkeit entsprechend dem verwendeten Basismalz deutliche Malzaromen mit einbringt.
- Rohstoff: Gerste
- Farbe: 80-150 EBC
- Einsatzgebiet: Dunkle Bockbiere, Leichtbiere, Festbiere
- Typische Biersorten: dunkle Weizenbiere, dunkles Bockbier, alkoholfreies Altbier
Röstmalz (Farbmalz)
Röstmalz wird, wie der Name schon sagt, geröstet. Hierbei wird es dunkel und bildet ausgeprägte Röstaromen. Dabei ist es in jeder Hinsicht gut mit Röstkaffe vergleichbar, für den es in Notzeiten auch als bevorzugter Ersatzstoff eingesetzt wird. Genau wie in Kaffebohnen entstehen durch den Röstvorgang auch im Malz Bitterstoffe, auf die die Hopfenbittere bei der Rezeptur sorgfältig abgestimmt werden sollte. Bei Gerste entstehen die Bitterstoffe vor allem in der Spelze, weshalb es "entbitterte" Röstmalze aus entspelzter oder Nacktgerste gibt.
- Rohstoff: Gerste, Weizen und alle üblichen Braumalze
- Farbe: 800-1500 EBC
- Einsatzgebiet: Zum Erzielen besonders dunkler Farben. Wird auch gerne für schlanke Biere verwendet, in denen man zwar eine dunkle Farbe und ggf. Röstaromen und -bittere, aber keine Süße wünscht.
- Typische Biersorten: Altbier, Schwarzbier, dunkles Bockbier, Weizenbier
Spezialmalze
Während die bisher aufgezählten Typen zu den typischen "Alltagsmalzen" gehören, gibt es weitere Sorten, die gezielt problematische Eigenschaften bestimmter Sude positiv beeinflussen können oder aufwendige Arbeitsschritte erleichtern/ersetzen.
Diastasemalz
- Rohstoff: Gerste, Weizen
- Farbe: 3-5 EBC
- Einsatzgebiet: Verbessert den Stärkeaufschluß in Suden, die aus wenig enzymreichen Malzsorten bestehen. Kann auch als Notfallmalz eingesetzt werden, wenn ein Sud beim Maischen einmal zu schnell zu heiß wurde.
Melanoidinmalz
- Eigenschaften: Besonders kräftig gedarrtes und daher dunkles Malz, das einen besonders hohen Anteil Toast- und Röstaromen enthält ohne dabei Röstmalz zu sein.
- Rohstoff: Gerste
- Farbe: 60-80 EBC
- Einsatzgebiet: Intensivierung kernigen Malzaromas. Wird gerne als Zusatz in Bieren verwendet, die ursprünglich im Dekoktionsverfahren gebraut wurden, wenn dieses aber zu aufwendig scheint. Auch zum Erreichen einer dezenten rötlichen Farbe einsetzbar.
Rauchmalz
- Eigenschaften: Das feuchte Grünmalz wird wie früher über Buchenrauch gedarrt und nimmt so besonders effektiv den Rauchgeschmack in sich auf. Wer einen Räucherofen besitzt, kann durch gründliches befeuchten und Räuchern von Basismalz ein, wenn auch nicht ganz so intensives, Rauchmalz selbst erzeugen.
- Rohstoff: Gerste, Weizen (theoretisch alle Basismalze)
- Farbe: 3-50 EBC
- Einsatzgebiet: Das Bier erhält einen Geschmack, der an geräucherten Schinken erinnert. Kann auch als Basismalz (bis zu 100% der Schüttung) eingesetzt werden, wenn ein exzessiver Rauchgeschmack gewünscht ist.
- Typische Biersorten: Rauchmärzen, Rauchweizen
Sauermalz
Dieses Malz ist eine der Blüten, die das sogenannte Reinheitsgebot getrieben hat. Hintergrund ist die Tatsache, daß sich durch die Zugabe von Säure der pH-Wert der Würze senken läßt, was aus verschiedenen Gründen erwünscht sein kann. Sei es um einer helleren Farbe Willen oder zwecks Beeinflussung der Karbonathärte bzw. Restalkalität des Brauwassers. Während jeder normal denkende Mensch hier einfach etwas konzentrierte Milchsäure zugäbe, mußte sich das deutsch-reinliche Brauereiwesen hier zusammen mit den Mälzern den "Trick" ausdenken, daß "Malz" als gesetzlicher Begriff hinsichtlich seiner Herstellungsmethoden ausreichend weit gefaßt ist, um eine Behandlung desselben mit Milchsäurebakterien (konkret wird das noch Nasse Malz meist vor dem Darren einige Tage milchsauer angegoren, quasi vorgemaischt) zu gestatten. Nach dem Trocknen befinden sich die Säurebildner wie bei getrocknetem Sauerteig weiterhin im Malz und gelangen so in die Maische, von der der deutsche Brauer dem siegelgläubigen deutschen Konsumenten anschließend "reinen" Gewissens versichern kann, daß sie der Legende von "1516" entspricht und "laut Gesetz keine Chemie im Bier" sei.
- Eigenschaften: Senkt den pH-Wert der Würze und beeinflußt so die Maischarbeit (die für den Stärkeabbau wichtigen Amylasen bevorzugen ein leicht saures Milieu).
- Rohstoff: Gerste
- Farbe: 4-8 EBC
- Einsatzgebiet: Brauwasser mit zu hoher Restalkalität, helle Biere, die einen besonders schlanken Charakter erhalten sollen
Spitzmalz
- Eigenschaften: Durch die spezielle Herstellungsweise enthält das Malz besonders viele schaumfördernde Eiweißmoleküle.
- Rohstoff: Gerste
- Farbe: 3-5 EBC
- Einsatzgebiet: Schüttungen aus zu hoch gelösten Malzen (geringe Schaumhaltbarkeit, grobporiger Schaum etc.)
Bezugsmöglichkeiten
Noch vor 20 Jahren war es für Hobbybrauer eine echte Herausforderung, an Braumalz zu gelangen, vor allem wenn es etwas anderes als Pilsner Malz sein sollte. Ein Blick in Literatur aus jener Zeit belegt dies schnell. Inzwischen hat sich das dank vielen Brauversendern und dem Wiederaufleben der Kleinbrauereien zum Glück grundlegend geändert. Auch große Mälzereien geben wieder "Kleinstmengen" (die Definition schwankt nach Betrieb und kann auch schon mal bei 200 Kilo losgehen) an Barzahler ab. Als Hobbybrauer steht man hinsichtlich Verfügbarkeit selbst ausgefallener Spezialmalze mit den gewerblichen Kollegen heute weitgehend auf einer Stufe. In der Bezugsquellenübersicht findest du Versandhändler und Mälzereien.