Wenn es um die Rechtmäßigkeit selbst hergestellten Alkohols geht, werden Bier, Schnaps und Wein gerne in einen Maischbottich geworfen. Klingt naheliegend, ist aber nicht so. Während es für das Brennen in der Regel einer Lizenz bedarf und Wein jedermann nach Belieben in rauhen Mengen herstellen darf, ist Bier auch in juristischer Hinsicht ein besonderer Fall, zumindest in Deutschland.
Also darf man? Im Prinzip: Ja. Während in Österreich und in der Schweiz die Bierherstellung für den Eigenbedarf streng getreu dem Vorbild des Pastors Nolte (der bekanntlich tat was er wollte) geregelt ist, geht es in Deutschland natürlich!, möchte man fast sagen nicht ohne behördlichen Segen und Regeln. Daher gehe ich nachfolgend auch nur auf die deutschen Vorschriften näher ein.
Grundsätzliches
Ob es überhaupt einen heute noch nachvollziehbaren Grund gibt, das häusliche Weinbereiten anstandslos und ohne Auflagen in unbegrenzter Menge zu gestatten und gleichwohl die Bierherstellung für den Eigenbedarf ausführlichen Regeln zu unterwerfen, darf getrost bezweifelt werden. Schon erst recht, wenn man bedenkt, daß in den meisten Fällen der zusätzlichen Arbeit für die Zollbeschäftigten keinerlei Mehreinnahmen durch Biersteuer entgegenstehen und die, wenn überhaupt mal, anfallenden Beträge sich, selbst wenn sie mal hoch sind, meist im einstelligen Eurobereich bewegen. Wie dem auch sei: Für die Bierherstellung als Hobbybrauer gibt es Vorschriften, und die halten wir schön ein. Man will ja keine Dienststelle um ihre Arbeit bringen.
Grundlegend wichtig ist vor allem eins: Um zu Hause für Deinen Eigenbedarf Bier zu brauen, bedarfst Du keiner amtlichen Genehmigung, du darfst es auf jeden Fall. Einzig über das wie solltest Du Bescheid wissen, damit Du nichts verkehrt machst.
Erlaubte Mengen
200 Liter pro Kalenderjahr darf jeder Bürger in Deutschland brauen, ohne daß sich daraus steuerliche Verpflichtungen ergeben. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um ein leichtes Diätbier oder um einen Doppelbock handelt. Die Freimenge gilt pro Person und nur für Bier, das im eigenen Haushalt oder in einem nichtgewerblichen Gemeindebrauhaus hergestellt wird.
Biersteuer
Sobald Du mehr als diese Freimenge herstellst, unterliegst Du der Biersteuerpflicht. Derzeit (2010) beträgt der Steuersatz 0,787 Euro je Hektoliter und Grad Plato. Für Kleinbrauereien gibt es jedoch Ermäßigungen; bis 5.000 Hektoliter (das sind 500.000 Liter!) beträgt der Steuersatz 56% und damit 0,4407 Euro. Die steuerrechtlichen Vorschriften für das Bierbrauen ergeben sich aus dem Biersteuergesetz.
Inzwischen hat der Zoll sein Internetangebot erfreulich ausgebaut und hält dort alle wichtigen Informationen zur Biersteuer gut verständlich bereit. Einen Vordruck für die Steueranmeldung erhältst Du vom zuständigen Hauptzollamt oder, wie mittlerweile alle Steuerformulare, als bequemes Onlineformular mit Druckfunktion. Die Biersteuer bemißt sich zum einen nach der hergestellten Menge und zum anderen nach der Bierstärke in Form des Stammwürzegehalts (abgerundet auf die volle Zahl, weshalb übrigens kommerzielle Biere gern mit Extraktgehalten wie 11,9°P hergestellt werden).
Anmeldung und amtliche Auflagen
Die Brautätigkeit muß dem zuständigen Hauptzollamt rechtzeitig angezeigt werden. Das bedeutet, daß Du mindestens vor dem ersten Brautag mit ausreichend Vorlauf Dein Brauvorhaben anzeigen mußt. Hierzu genügt eine formlose Mitteilung wie:
Hiermit zeige ich an, daß ich beabsichtige, für meinen eigenen Bedarf als Hobbybrauer Bier herzustellen. Erstmalig wird dies am [Datum] geschehen.
Falls Du absehen kannst, daß Du vorerst nicht mehr als 200 Liter im Jahr brauen wirst, solltest Du darauf am besten ausdrücklich hinweisen. Über die Notwendigkeit weiterer Anmeldungen ("Brauanzeigen") erteilt Dir das Hauptzollamt mit dem Bescheid über die Kenntnisnahme entsprechende Auflagen. Diese variieren erfahrungsgemäß von Zollamt zu Zollamt, bisweilen sogar zwischen einzelnen Amtsleuten. Beispiele sind:
- Die einmalige Anmeldung genügt dem Zollamt. Du wirst beauflagt, lediglich die Jahresfreimenge überschreitende Mengen gesondert anzuzeigen und ggf. eine Biersteuererklärung einzureichen.
- Die einmalige Anmeldung genügt, aber Dir wird das Führen eines Biersteuerbuches auferlegt, in dem Du alle Sude mit Datum, Menge und Stärke protokollierst. Bisweilen erhältst Du hierfür amtliche Vordrucke; unabhängig davon empfiehlt es sich, die eigene Produktionsleistung von Anfang an zu dokumentieren. Hierfür habe ich eine Excel-Vorlage erstellt, die auch gleich eine Ausfüllhilfe für eine eventuell nötige Steuereranmeldung beinhaltet.
- Du wirst verpflichtet, jedes Brauvorhaben "rechtzeitig" anzuzeigen. Manche Zollämter bestehen hier sogar auf der Briefform, was allerdings im Zuge mancher Verwaltungsreformen zugunsten elektronischer Post immer seltener vorkommt.
Wenn sich aus allen mir bekannten Zollauflagen eine Regel ableiten läßt, dann höchstens diese: Reden hilft. Da Hobbybrauer auch heute noch eine vergleichsweise seltene Erscheinung sind, stehen die Chancen, daß Dein Zollbeamter mit dem Thema in der Form noch nie zu tun hatte, nicht schlecht. Im Idealfall kündigst Du in einem freundlichen Telefonat Dein Ansinnen schon mal an und verweist auf Dir (zum Beispiel durch einen Bekannten oder aus einem früheren Wohnort) geläufige Vereinbarungen wie etwa das Führen eines Biersteuerbuchs bei Überschreitung der Freimenge. Mit vielen Beamten kannst Du auf diese Weise eine Regelung aushandeln, die beiden Seiten unnötigen bürokratischen Aufwand erspart und auf die Du Dich im Zuge der formalen Anmeldung anschließend berufst. Allerdings kannst Du genau so gut auch an einen "eifrigeren" Zöllner geraten...
Mein bisher unterhaltsamstes Zollerlebnis war, daß mir ein Amt einen Biersteuerbeauftragten nach Hause schickte, der sich bei seiner Dienststelle nach dem Begutachten meiner "Produktionsanlagen" (die zu jenem Zeitpunkt im Kellerregal einer Mietwohnung standen) und einer lustigen Unterhaltung für eine recht unbürokratische Regelung einsetzte und dies (unerhört!) mit der Vernachlässigbarkeit meiner Produktionsmengen begründete.
"Reinheitsgebot"
Die Vorschriften, die sich aus dem als "deutsches Reinheitsgebot" verklärten Biergesetz ergeben, kannst Du Dir sparen. Einmal, weil sie in ihrer vorliegenden Form kompletter Unsinn und vor allem, weil sie zum Glück für uns Hobbybrauer nicht bindend sind. Wenn Du also mal Lust auf ein Exportbier mit einer Portion frischem Bioroggen oder auf ein erfrischendes Kirschweizen nach belgischer Art hast, nur zu.
Eigenbräu verkaufen?
Eine Frage, die sich erfahrungsgemäß fast jeder Hobbybrauer irgendwann auf irgendeine Weise stellt. Grundsätzlich gilt: Dem Zollamt ist es zunächst egal, ob Du Dein Bier verkaufst, solange Du dafür die entsprechende Biersteuer ordentlich erklärst und entrichtest. Natürlich gibt es für gewerbliches Brauen keine Freimengen oder Ermäßigungen, und es kann gut sein, daß Dir Auflagen, etwa für den Lagerort steuerpflichtig gewordenen, weil für den Verkauf bestimmten Bieres erteilt werden.
Neben den steuerlichen gibt es natürlich weitere rechtliche Fragen, die für die gewerbliche Bierherstellung von Bedeutung sind sie haben in einem Portal, das sich an Laien richtet, eigentlich nichts zu suchen und sollen nur kurz angerissen werden.
Handwerksrecht
Nicht zuletzt Dank Europa gab es hier in letzter Zeit einige Erleichterungen. So besteht beispielsweise für Gasthausbrauereien, in denen der Wirt ausschließlich für den eigenen Bedarf braut und bei denen der Schwerpunkt auf dem Gasthaus (und nicht auf der Brauerei) liegt, keine Verpflichtung, einen Braumeister oder einen gelernten Brauer zu beschäftigen oder als Wirt selbst eins davon zu sein. In klassischen Brauereien besteht diese Verpflichtung indes weiter fort.
Lebensmittelrecht
Natürlich muß eine Braustätte, die für den Verkauf herstellt, bestimmten Anforderungen genügen, die sich einem den Eigenbedarf deckenden Hobbybrauer nicht stellen. Hierbei geht es insbesondere um den Anlagenaufbau, die Vorrichtungen für regelmäßige Reinigungen und für Lebensmittel und Zutaten geeignete Lagermöglichkeiten.
Rechtsberatung...
...stellen die vorangehenden Ausführungen natürlich nicht dar und erheben selbstredend auch keinerlei Anspruch auf Richtigkeit und Vollständigkeit. Dies sei nur der Ordnung halber ausdrücklich klargestellt.